"Es muss nicht ganz perfekt sein!" - zu Besuch auf dem alten Hof von Bini-Bee

von Kati Tiringer

Was ein Traum von einem Zuhause! Als Sabine, die wir als Bini-Bee kennen, angefangen hat, hier Bilder hochzuladen, habe ich mich auf Anhieb schockverliebt. Sie wohnt mit ihrer Familie in Hessen, auf einem alten Hof! Abgeschieden, aber nicht aus der Welt, einladend und immer offen für Gäste, sympatisch "unperfekt" und wunderbar gemütlich eingerichtet! Ich bin eigentlich überzeugtes Stadtkind, aber Sabine hat es mit ihren Wohnungsfotos geschafft, neue Sehnsüchte in mir zu wecken. Lasst auch ihr euch verzaubern: heute blicken wir hinter Sabines Hoftor und lassen uns für die Homestory durch ihr kleines Reich der Genüsse führen.

So gemütlich! Mit einem Stilmix aus skandinavischer Gemütlichkeit und romantischem Landhaus richtet Sabine das Wohnhaus auf dem alten Hof ein. Ihr Lieblingsstück ist das alte Scheunentor, das jetzt als Raumteiler im Wohnraum dient.


Herzstück des Grundstücks ist der Innenhof: Hier finden im Sommer Festessen mit Freunden und Familie statt, über die Sabine auf ihrem Blog Held am Herd berichtet


Liebe Sabine, bitte erzähle ein bisschen von dir...
Ich bin 48 Jahre alt, habe drei wilde Mädchen, bin mit einem Helden verheiratet und arbeite als selbstständige Grafik-Designerin. Ich liebe es strukturiert, aufgeräumt und ruhig und weiß auch nicht, warum es um mich herum immer chaotisch, laut, unstrukturiert und hektisch ist.

Du wohnst mit deiner Familie auf einem alten Hof in der Nähe von Wiesbaden. Wie seid ihr zu diesem Schmuckstück gekommen und wie habt ihr vorher gewohnt?
Wir sind vor vier Jahren hier eingezogen und gefunden haben wir das Höfchen über Immoscout. Wir haben vorher in einem komplett anderem Haus in Krefeld gewohnt. Bauhaus-Stil, mit großen Räumen, großen Fensterfronten und Garten. Das war damals unser Traumhaus, es stand vorher sehr lange leer, war etwas runtergewohnt aber mit enormem Potenzial und direkt an einem Park gelegen. Wir haben ein Jahr lang umgebaut und saniert und es war dann wirklich ein Träumchen, wir wollten eigentlich nie wieder wegziehen. Aber aus beruflichen Gründen mussten wir es doch tun. Und ganz bewusst haben wir dann nach einem völlig anderen Stil gesucht, weil wir nicht vergleichen wollten und so ein Haus auch sicher nicht mehr gefunden hätten. Unser Höfchen ist das komplette Gegenteil von unserem alten Haus. Kleine, verwinkelte Räume, viele verschiedene Raumsituationen, ein Innenhof statt Garten, drum rum Felder und Pferdewiesen. Es ist aber auch nicht weit nach Wiesbaden, Mainz oder Frankfurt.

In Sabines Zuhause herrscht ein bunter Vintage-Möbel-Mix. Am liebsten kauft sie auf Floh- und Antikmärkten ein oder findet ihre Einrichtungsgegenstände anderswo: Die Stühle am Esstisch stammen aus einer Kantinenauflösung, damals für 2,50 Mark pro Stück! Sofa: Ikea, Kissen: Hay, Decke "The Grid" von BastisRike, Bild Frau mit Schwein von Edda Großmann, Bild über Esstisch von Ralf Kaspers



Wie groß ist euer Zuhause, wie viele Zimmer habt ihr? 
Man kommt durch ein großes Hoftor rein und innen stehen das Wohnhaus, die Scheune, ein Heuschober, eine alte Küferwerkstatt und ein winziges Wirtschaftshaus im Karée auf 400 qm. Ein Vierkanthof in Miniformat. Wenn das Tor zu ist, ist man in seinem eigenen kleinen Mikrokosmos, keiner kann reinsehen und es gibt keinen weiteren Zugang. Im Untergeschoss des Wohnhauses befinden sich der Wohnraum, eine offene Küche, ein kleiner Kaminraum, das Bad und unser Schlafzimmer. Im Obergeschoss die drei Zimmer unserer Kinder, ein Bad und zwei kleine Ankleiden. 

Wie alt ist der Hof genau und in welchem Zustand habt ihr ihn übernommen? 
Der Hof ist ca. 130 Jahre alt und der Zustand war unterirdisch. Aber das ist ja auch oft ein Glück, weil noch nicht todsaniert oder sich in 70er Jahre Bausünden ausgetobt wurde. Der Charme des Ganzen blitzte bei den ersten Besichtigungen aus allen Ritzen aber wir waren uns sehr wohl bewusst, was  für ein nervlicher und auch finanzieller Aufwand es werden würde, das auch wirklich nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Haben wir ja schon einmal mit unserem alten Haus gemacht. Nur hatten wir inzwschen drei Kinder und nicht das finanzielle Polster, während der Bauphase schick woanders zu wohnen. Als wir dann tatsächlich mit dem Umzugswagen im tiefsten matschigen Winter in diese zugige Bruchbude gezogen sind, sind wir auch ganz kurzfristig in eine Schockstarre verfallen und haben uns gefragt, wie bekloppt wir doch wohl sind und warum wir uns das antun.

Wie seid ihr bei der Einrichtung vorgegangen?
Ganz wichtig: Bloß nichts vorschnell entscheiden! Lieber erst einmal mit Provisorien leben und ganz langsam die Stimmung der Räume und das Leben darin genau überdenken. Viele Dinge, die wir ganz spontan mit den Räumen vorhatten, haben sich mit dem alltäglichen Nutzen geändert. Und die wirklich besonderen Dinge müssen zu einem finden. Manchmal geht man über den Flohmarkt oder stöbert bei ebay und plötzlich hat man für ein paar Euronen einen alten Küchenschrank oder Barhocker ersteigert, die perfekt passen. Unser Zuhause soll unsere Persönlichkeit widerspiegeln. Es kann in Teilen chaotisch sein, mit Inseln der Ruhe. Schönes Licht ist mir sehr wichtig. 


"Die richtige Beleuchtung ist mir sehr wichtig um mich wohlzufühlen!" 

Auf Sabines Hof gibt es viele ausergewöhnliche Leuchten zu entdecken, natürlich alle Vintage! Sessel "Fusion" von BoConcept



Bitte beschreibe das Wohngefühl in eurem Zuhause.
Das Besondere an diesem Höfchen ist, dass sich Draußen und Drinnen vermischen. Im Sommer stehen die Türen zum Hof auf und wir leben draußen. Es gibt Ecken zum Chillen, zum Essen, zum Arbeiten. Das Licht fällt den ganzen Tag über in den Hof und wenn man Lust hat, könnte man sogar nackich hier rumspringen, es sieht ja keiner. Alles ist eher entspannt eingerichtet, unkompliziert und gemütlich - auch für viel Besuch.

Welcher ist dein liebster Einrichtungsgegenstand und warum?
Mein abolutes Lieblingsstück ist die Schiebetür in der Kaminecke. Sie gehört schon seit 130 Jahren zum Haus und war vorher die Außentür vom Stall, der heute unser Schlafzimmer ist. Mit dem Durchbruch einer Wand ist deser Raum zum Wohnhaus integriert worden. Ich mag es, dass dieses Tor schon immer dazugehörte, dass es durch das Umfunktionieren zu einer Schiebetür ein echtes Highlight ist und ich bewundere die Handwerkskunst daran. Da sind ganz viele verschieden breite Bretter verbaut, die zusammen so ein harmonisches Ganzes ergeben.

Woher kommt deine Leidenschaft fürs Einrichten?
Es lebt sich einfach viel wunderbarer in einer schönen Umgebung. Mir macht es Spaß, Räume so zu gestalten, dass sich alle darin wohl fühlen und immer gerne kommen. Ich finde, ein schönes Zuhause erdet, es lässt einen gerne nach Hause kommen und hat immer eine weit offene Tür für Gäste. Zu Hause sein heißt Entspannung, Genuss, Auftanken, Ruhe. Aber auch der alltägliche Wahnsinn wohnt natürlich hier. Kinder, mit sagen wir mal ihren Phasen, Tonnen von Wäsche, Hausaufgaben, und anderen Dingen, die man nicht braucht. Um so wichtiger, dass man manchmal einfach so dastehen kann, einatmen, ausatmen, den Blick auf etwas Schönes richtet und weiß, „Morgen wird es besser. Ganz bestimmt“. 

Wer oder was inspiriert dich, wo sammelst du Ideen? 
Ich lese sehr gerne die Schöner Wohnen und Häuser. Ich kann mich stundenlang in Pinterest verlieren und finde SoLebIch.de so herrlich sympathisch. Der Austausch unter den Nutzern ist sehr freundlich und lebhaft. Schöne Bücher kann man nie genug haben. Und von denen haben wir in den Bauphasen jede Menge gekauft und blättern immer wieder gerne darin.

Hast du Lieblingsdesigner und wo kaufst du deine Möbel?
Ich glaube, dass eine schöne Einrichtung niemals in einem Rundumschlag-Einkaufstrip in einem Möbelhaus zu finden ist. Wir kaufen auch nicht nach Marken oder immer in bestimmten Läden, sondern mögen beide schlichtes und durchdachtes Design, gerne vom Flohmarkt. Unsere Möbel haben bisher eher immer zu uns gefunden, ohne dass wir sie suchen mussten. Empfehlen kann ich den Antikladen "Wandel" in Düsseldorf, dort haben wir die meisten unseren Leuchten her, in Wiesbaden den Antikmarkt der 50er-70er Jahre, der nur einmal im Jahr stattfindet und den Flohmarkt auf der Äppelallee (einmal im Monat). 


"Ich schreibe einen Foodblog, obwohl ich gar nicht kochen kann!"


In dieser schönen Küche von K3 Raumkonzept kocht Sabines Mann, der Held am Herd. Gasherd: Smeg



Du schreibst den Blog Held am Herd. Worum geht es?
Mein Blog ist ein Foodblog. Obwohl ich gar nicht kochen kann. Das macht mein „Held“, also mein Mann. Er kommt aus einer halb-belgischen Familie und da ist das Kochen und Essen immer ganz weit vorne. Familentreffen oder Feste beginnen in der Planung immer mit „Was kochen wir?“ Dicht gefolgt von „Was trinken wir?“ Dann ganz lange nix. Und immer sind sehr viele Menschen am Tisch und vorher alle in der Küche. Sowas kannte ich aus meiner Familie nicht und es hat auch einige Zeit an Eingewöhnung für mich gebraucht, aber ich habe mich ganz gut aklimatisiert und genieße das ständige Tür-auf-Tür-zu  - nicht nur von Familienmitgliedern - inzwischen sehr.
Auf dem Blog geht es um diese Geschichten. Was wir kochen, was wir hier im Höfchen so erleben, welchen Bauabschnitt wir gerade wieder schaffen.... Ich liebe am Bloggen die Inspiration. Ich habe anfangs nur andere Blogs verfolgt. Aber das ist ja nur so ein bisschen dabei sein. Wie Abends in der dunklen Jahreszeit einen kurzen Miniblick in die erleuchteten Fenster werfen und einen kleinen Ausschnitt des Lebens dahinter erhaschen. Viel lustiger ist doch, das eigene Tor weit aufzumachen und zu schauen, wer da so vorbei kommt. Ich habe mit dem Blog so viele tolle und inspirierende Menschen kennengelernt, die mir sonst nie begegnet wären. Und für mich persönlich ist mein Blog ein bisschen öffentliches Tagebuch. Ich habe sonst nicht die Disziplin zu dokumentieren, was uns gerade bewegt, wer uns besucht und was wir so kochen. So bleibt vieles in Erinnerung, was ich sonst schnell vergessen würde.

Drei Dinge, die wir noch nicht über dich wussten:
Ich mag keinen Fenchel, was mein Mann doof findet, weil er ihn so gerne isst. Ich habe in meinem Leben schon ein Vermögen in verlorene Schlüssel und Schlüsseldienste investiert und ich würde jedes Designerkleid in der schicksten Boutique hängen lassen und dafür sofort und ohne großes Nachdenken ein cooles technisches Gerät kaufen.

Bei dir vergeht kein Tag ohne…
Kaffee. Und Dankbarkeit.


"Man könnte sogar nackich hier rumspringen - sieht ja keiner!"


Wohnen im Grünen: Im Sommer war der Innenhof das liebste Wohnzimmer für die ganze Familie.



Deine fünf Geheimtipps für eure Region:
Ganz ehrlich: wir wohnen nun schon vier Jahre hier, aber haben es noch nicht geschafft, ordentlich rum zu kommen. Die Wochenenden haben wir am Anfang mit Bau- und Räumarbeiten verbracht. Inzwischen haben wir immer viel Besuch. Wir kochen und essen zusammen und haben eine schöne Zeit mit netten Menschen. Wir kaufen unsere Lebensmittel sehr gerne in der Domäne Mechthildshausen ein, ein sehr schönes Gut, mit Metzgerei, Bäckerei, Café und Restaurant. Dort isst man auch sehr gut. Wein kaufen wir sehr gerne im Weingut Braunewell in Essenheim.

Und wie sieht es mit Reisen aus?
Wir haben in den letzten Jahren sehr unterschiedlich Urlaub gemacht. Von der Rundumsorglos Clubvariante, über Urlaub in einem großen Haus mit Freunden oder der Familie bis zum Urlaub nur unter uns. Die perfekte Variante gibt es dabei nicht. Und den Ort, den wir so richtig irre finden und an den wir immer zurückkehren würden, haben wir noch nicht gefunden. Dafür kommen wir immer wieder so gerne nach Hause!




Wie ist jetzt noch vier Jahren der Status Quo an eurem Hof? Steht noch viel an?
Innenhof und Untergeschoss sind schon ganz nach unseren Wünschen. Vor kurzem haben wir durch den Einbau eines Glastores in die Scheune einen tollen neuen Raum für uns gewonnen. Also erst einmal für den Sommer, denn da ist natürlich noch keine weitere Infrastruktur drin, aber wir werden sehen. Für das Obergeschoss haben wir noch Träume. Da würden wir gerne den Dachstuhl öffnen und die Zimmer neu einteilen. Mal sehen, wann das Sparschwein dick genug dafür ist. Wenn wir uns aber heute hier so umsehen, können wir sagen, es hat sich gelohnt, the whole shit.

Danke für das schöne Interview!


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