„Elf Tage, drei Meere, drei Wüsten“ – Mit Camassia durch Israel und Jordanien

von Sebastian

Eine Reise, zwei Länder, die durch den Jordan getrennt sind. Beide Länder verbindet jedoch ihre Vergangenheit: Israel und Jordanien gelten als Wiege der abendländischen Kultur. Krisztina aka @Camassia ist mit ihrer Familie elf Tage auf eigene Faust mit einem Mietauto durch die beiden Länder gereist.   

Welche Sehenswürdigkeiten man auf keinen Fall verpassen sollte, welche Missverständnisse über die Sicherheit in den beiden Ländern herrschen und warum sie diese nach der Reise anders wahrnimmt, verrät uns Krisztina in ihrem Reiseguide.
    

Auf dem Tempelberg in Jerusalem.
                   
    

Liebe Krisztina, verreist ihr oft an außergewöhnliche Ziele?
Als Familie haben wir bis jetzt nur Europa bereist. Allerdings haben wir gerade in den Sommermonaten schon immer die von Touristen gern besuchten Reiseziele gemieden. Die Reise nach Israel war unser erstes großes gemeinsames Abenteuer.
                     

„Eine Stadt, die jährlich mehr als 100 Besucher buchstäblich in den Wahnsinn treibt ... Die muss man doch gesehen haben, oder?“
                        

Warum ist eure Entscheidung dieses Mal auf diese Reiseregion gefallen?
Vor allem die begeisterten Berichte von Freunden über Jerusalem brachten uns auf die Idee. Außerdem habe ich in einer Zeitschrift über das „Jerusalem-Syndrom“ gelesen. Das hat mich neugierig gemacht. Eine Stadt, die jährlich mehr als 100 Besucher buchstäblich in den Wahnsinn treibt ... Die muss man doch gesehen haben, oder?

Was genau kann man darunter verstehen?
Beim Jerusalem-Syndrom handelt es sich um eine akute psychotische Störung. Es gibt Menschen – nicht unbedingt nur tief religiöse –, die vom Aufenthalt in dieser Stadt so überwältigt sind, dass sie religiöse Wahnvorstellungen entwickeln. Sie identifizieren sich meist mit einer biblischen Figur. Dieser Zustand dauert meistens nur wenige Tage an, oft müssen die Betroffenen jedoch in die Psychiatrie eingewiesen werden.

Und ein Kochbuch hat dich auch zu der Reise inspiriert ...
Stimmt, Yotam Ottolenghis wunderbares „Jerusalem: Das Kochbuch“ muss hier natürlich auch als kulinarische Motivation erwähnt werden. Und zuletzt interessierte mich persönlich die israelische Gesellschaft und ihre multikulturelle Bevölkerung. Einwanderer und ihre Nachfahren aus allen fünf Kontinenten leben hier zusammen, die aus völlig verschiedenen Kulturkreisen stammen, aber durch ihre jüdische Religion verbunden sind. Russen, Marokkaner, Spanier, Polen, Äthiopier …
                   

Jerusalem: Das Jüdische Viertel wurde 1967 im Sechstagekrieg zerstört und später wieder aufgebaut; Fenster der Jakobuskirche im Armenischen Viertel.
                   

Wo wart ihr genau?
Ich muss zugeben, für die elf Tage habe ich ein sehr straffes Programm zusammengestellt. Elf Tage, drei Meere, drei Wüsten ... Das war zwar machbar, aber definitiv zu knapp. Noch von Tel Aviv aus sind wir nach Caesarea und Akko gefahren, danach weiter Richtung Süden zur Festung Masada in der Judäischen Wüste. Nach einem kurzen Schweben im Toten Meer war die Grenzstation nach Jordanien bei Eilat am Roten Meer unser Ziel. Da man mit einem israelischen Wagen nicht nach Jordanien einreisen darf, ließen wir unseren Mietwagen an der Grenzstation stehen, passierten mit einem Dreitagesrucksack zu Fuß die Grenze und stiegen auf der jordanischen Seite in unser Hotel-Shuttle nach Petra. Das klingt zwar abenteuerlich, erwies sich aber wirklich als unkompliziert. Nach einem wunderschönen Tag in der Felsenstadt der Nabatäer fuhren wir am nächsten Tag mit einem Jeep und einem Beduinenguide durch das schöne Wadi Rum in der Wüste zurück zur Grenzstation.
                    

Die Festung Masada in der Judäischen Wüste.
                   

Hat dich etwas besonders überrascht während eurer Reise?
Die scharfen Grenzkontrollen und die persönliche Befragung durch die israelischen Grenzbeamten waren sehr ungewöhnlich. Es war auch erstaunlich, wie streng die Sabbat-Regeln eingehalten werden. Selbst die öffentlichen Verkehrsmittel bleiben von Freitag Sonnenuntergang bis Samstag Sonnenuntergang stehen. Überrascht hat uns außerdem die Begeisterung junger Israelis für die deutsche Hauptstadt ...

Was war dein unvergesslichster Moment?
Ein Freitagnachmittag in Jerusalem, in einem Straßencafé am engen Passionsweg Via Dolorosa. Hunderte Muslime eilten an uns vorbei zum Tempelberg, mit Gebetsteppichen unter dem Arm, während orthodoxe Juden in die andere Richtung zur Klagemauer liefen. Um die Ecke tauchten immer wieder christliche Pilgergruppen aus aller Welt auf, die singend und große Holzkreuze tragend den Kreuzweg Via Dolorosa Richtung Golgota hochliefen. Gegenüber dem Café, hinter einer Absperrung, standen währenddessen schwer bewaffnete Polizisten, die bereitwillig mit Touristinnen aus Brasilien für ein Selfie posierten.

Das klingt nach einer kuriosen Situation ...
Ja, es war eine verrückte Straßenszene vor einer wunderschönen Kulisse. Unwillkürlich denkt man dann über eine friedliche politische Lösung für diese besondere Stadt nach, die es wohl leider in naher Zukunft nicht geben wird …

Und deine Highlights der Reise?
Eine ganz besondere Erfahrung war das Tote Meer, dessen Salzgehalt 30-mal höher ist als der vom Mittelmeer. Das freie Schweben im Wasser bereitete unserer 16-jährigen Tochter besonders großen Spaß! Auch die Fahrt durch das Wadi Rum in der wunderschönen jordanischen Wüste und die beeindruckende Aussicht von Mitzpe Ramon in der Wüste Negev sind eine bleibende Erinnerung.
                

Die Ruinenstätte Petra in Jordanien wurde 1985 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.
                       

In Reiseführern stehen oft viel zu viele Tipps. Welche vier Sehenswürdigkeiten würdest du tatsächlich empfehlen?
Nach diesen elf Tagen habe ich nur einen bescheidenen Überblick über die beiden Länder, um diese Frage wirklich beantworten zu können. Aber Sehenswürdigkeiten, an die ich heute noch besonders oft denke, sind die Felsenstadt Petra in Jordanien, die schöne Bauhaus-Architektur in Tel Aviv, die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem und der Felsendom auf dem Tempelberg.

Hast du dich überall sicher gefühlt?
Unser Bild von der Sicherheit in Israel ist stark von der Berichterstattung in den Medien geprägt. Keiner von uns kommt aber auf die Idee, wegen der schrecklichen Terroranschläge in Paris oder Brüssel nie wieder nach Frankreich oder Belgien zu fahren, weil wir diese Länder bereits kennen und uns die Situation dort vielleicht besser vorstellen können. Als Tourist hält man sich weder in der Nähe vom Gazastreifen noch auf den Golanhöhen, die man aus den Nachrichten kennt, auf. Man besichtigt – mit Tausenden anderen Touristen – die Weltkulturerbestätten, zu denen man auf gut ausgebauten Autobahnen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit europäischem Standard hinfährt.
                    

Der Hausstrand von Tel Aviv.
                  

Und wie war das in größeren Städten wie Tel Aviv und Jerusalem?
Tel Aviv und Jerusalem sind moderne Großstädte, wir haben uns nicht weniger sicher gefühlt als in jeder europäischen Großstadt auch. Kleinkriminalität oder zum Beispiel Autodiebstähle, die Touristen eher treffen könnten, liegen weit unter dem europäischen Durchschnitt. Die Polizei ist in der Altstadt von Jerusalem überall schwer bewaffnet präsent, ähnlich wie man das von den Bahnhöfen in Paris kennt. Ihr Anblick mag für verunsicherte Touristen eine Stütze sein. Man muss aber vielleicht wirklich erst in der Stadt ankommen, den Tausenden Touristen auf den Straßen begegnen, sich selbst von der Normalität in dieser Stadt vergewissern, bis die restlichen Unsicherheiten verfliegen. Uns ging es zumindest so.
                    

Vom Dach des Österreichischen Hospizes hat man einen wunderschönen Blick auf die Altstadt von Jerusalem und auf die goldene Kuppel des Felsendoms, die von hier aus greifbar nah erscheint. Die typischen Altstadtgassen mit ihren Treppen; eines der vielen Lampengeschäfte in der Altstadt.
                 

Wie war die Situation in Jordanien?
Auch Jordanien zählt zu den wenigen, für Touristen sicheren Reisezielen unter den arabischen Ländern. Wir hatten während unseres Aufenthaltes an keinem einzigen Ort ein ungutes Gefühl. Die Menschen, denen wir in dieser kurzen Zeit begegnet sind – Israelis, Palästinenser, Beduinen in der jordanischen Wüste – waren überall sehr freundlich, hilfsbereit und offen.

Hat die Reise deine Sicht auf die Länder verändert?
Ja, sehr.
                      

„Die Reise ist ideal für Geschichtsbegeisterte, für Kamelliebhaber, für Wüstenfans, für Hummusesser, für Juden, für Atheisten, für Muslime, für Christen.“
                 

    
Würdest du die Reise auch Familien mit kleinen Kindern empfehlen?

Ich denke, Jugendlichen könnte diese abwechslungsreiche Reise auf jeden Fall gefallen. Für Kleinkinder wäre sie wahrscheinlich zu anstrengend.

Für wen ist die Reise ideal?
Für Geschichtsbegeisterte, für Kamelliebhaber, für Wüstenfans, für Hummusesser, für Juden, für Atheisten, für Muslime, für Christen … Eigentlich für alle, die sich für andere Kulturen und Religionen interessieren und karge Landschaften nicht langweilig finden.

Was sollte man im Reisegepäck unbedingt dabeihaben?
In der Pessach-Woche Brot und Kekse, denn die Keks- und Brotregale werden während der Feiertage in den Supermärkten alle abgedeckt. Matzen ist die einzige Brotsorte, die in Israel in dieser Woche zu kaufen ist oder die man in Hotels und Restaurants serviert bekommt. Mit Glück findet man doch noch irgendwo eine arabische Bäckerei ...

Hast du Reiseführer, die du empfehlen würdest?
Eine kurzweilige Lektüre über die Israelis bietet Ruth Kinets Buch „Israel. Ein Länderporträt“. Der Reiseführer „Israel & Palästina“ von Lonely Planet ist eine gute Hilfe, um sich als Individualreisende im Land zurechtzufinden. Die Geschichte dieses jungen Staates fasst, wie ich finde, das GEO-Epoche-Heft „Israel“ kompakt zusammen.
   

Wadi Rum – das wunderschöne Wadi in der jordanischen Wüste.
    

Würdest du wiederkommen?
Ich bin bereits Ende Oktober mit einer Freundin für wenige Tage wieder nach Jerusalem gereist.

Hast du schon Pläne und Wünsche, wohin du als Nächstes reisen möchtest?
Im letzten Sommer waren wir in Georgien. Erst vor ein paar Tagen haben wir Flugtickets in den Iran gebucht. Darauf freue ich mich schon sehr!
Im Sommer wollen wir vielleicht für ein langes Wochenende nach Sankt Petersburg. Auch andere Länder der Seidenstraße, wie zum Beispiel Usbekistan und Aserbaidschan, fänden wir spannend …
                      

Zu allen SoLebIch-Reiseberichten geht es hier entlang.

   
Vielen lieben Dank für diesen inspirierenden Bericht, liebe Krisztina! Um kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr Krisztina hier folgen.

Kommentare (12)

Das könnte dich auch interessieren

SoReiseIch
Bei der SoLebIch-Community übernachten? – 3 Mitglieder berichten, warum sie Gastgeber auf Airbnb geworden sind!
Sebastian
55 9
SoReiseIch
Sommer. Jetzt! – 10 Urlaubsideen aus der Community für den Sommer 2020
Sebastian
51 10
SoReiseIch
Inseleinsamkeit – Meine Auszeit auf den Philippinen
Sebastian
54 25
SoReiseIch
8 Highlights von Kapstadt-Liebhaberin imraum
Sebastian
30 7
SoReiseIch
Auszeit in einem belgischen Baumhaus mit Herzstück
Sebastian
70 4
SoReiseIch
Heimatstadt-Tipps für Cuxhaven von MiMaMeise
Stephanie
73 20
SoReiseIch
„Elf Tage, drei Meere, drei Wüsten“ – Mit Camassia durch Israel und Jordanien
Sebastian
37 12
SoReiseIch
„Die Landschaft ist schlicht grandios!“ – Reiseinspiration Färöer-Inseln von Frau Janosch
Nicole
64 11
SoReiseIch
Ein Roadtrip durch Sardinien – Unterwegs mit dessislava
Nicole
74 18
SoReiseIch
Unterwegs auf der dänischen Insel Ærø: „Wo sich die dänische Südsee versteckt!“ – Ein Reiseguide von Natalie.D
Nicole
59 20
SoReiseIch
Mein Traum: Das zweite Zuhause am Meer – Unser Bed & Breakfast auf Ærø
Nicole
120 64
SoReiseIch
„Der Lago di Garda verbindet für mich Berge und Wasser in einer paradiesischen Form“ – Reiseinspiration von Katja R.
Nicole
95 33