„Bei der Renovierung unseres Hauses finden wir immer wieder Ecken, die seit Jahren kein Mensch betreten hat.“ – Zu Besuch bei frauwagenfeld in Ostwestfalen

von Stephanie

Ulrike (55) aka @frauwagenfeld lebt in einem kleinen Dorf in Ostwestfalen im Elternhaus ihrer Mutter, das sie vor fast 30 Jahren geerbt hat. Immer wieder findet sie Schätze auf den 250 qm und ist dadurch fast ausschließlich von Dingen mit Geschichte umgeben. Wer alles mit ihr lebt, was die gelernte Goldschmiedin heute macht, welchen Traum sie sich erfüllen würde und mit wem sie sich über SoLebIch angefreundet hat, erfahrt ihr heute. Hereinspaziert!

Liebe Ulrike, beschreibe deinen Wohnstil in drei Worten:

Ich denke, unsere Zuhause ist eigenwillig und unangepasst und doch ganz normal.

Mit wem lebst du?

Mit meinem Mann. Eine Tochter ist noch zu Hause, die andere ist grad ausgezogen. Und mit uns leben drei Hunde und drei Katzen.

„Ich habe früher davon geträumt, in diesen Räumen zu wohnen.“

Gibt es eine Geschichte hinter deinem SoLebIch-Namen „frauwagenfeld“?

Das ist der Mädchenname meiner Mutter. Mein Opa hatte neben dem Lebensmittelladen hier noch seine Bäckerei. Als Kind war ich hier sehr oft und hab schon immer davon geträumt, später in diesen Räumen zu wohnen.

Bei dir vergeht kein Tag ohne:

Meine Tiere, Kaffee und leckeres Essen.

Wie können wir uns dein Haus vorstellen?

Im Untergeschoss wird gearbeitet. Mein Mann und ich haben hier unsere Büros, außerdem ist hier meine Goldschmiedewerkstatt und das angeschlossene Atelier. Mein Ausstellungsraum war früher in den 30ern der Dorfladen, ich hab hier sogar das alte Fenster erhalten können.

In der ersten Etage wird gelebt und geschlafen. Hier ist auch ein Bad und die Küche, natürlich Mittelpunkt des Hauses.

Dann geht es noch eine Etage höher, in unser Wohnzimmer. Das war früher der Dachboden des Hauses, den wir vor ca. 15 Jahren bis in die Spitze ausgebaut und so einen hellen und weiten Raum erhalten haben. Der Drempel ist niedrig gehalten, um möglichst viel vom Raum zu nutzen.

Auf der einen Seite haben wir eine Loggia gebaut, auch bewusst bis an den Dachüberstand.

Gegenüber ist eine zweite Ebene entstanden. Auf dieser Empore, nur durch eine Leiter zu erreichen, stehen meine ganzen Bücher und altes Spielzeug.

Und es gibt noch ein großes Nebengebäude. Was befindet sich darin?

In den 30ern war darin die Backstube, das Brot- und Kornlager, später ein Lebensmittelgeschäft. Heute befinden sich dort Mietwohnungen und im unteren Teil, dem alten Laden, sind wir dabei, ein Loft zu bauen.

Bitte erzähle uns noch ein wenig über dich.

Ich bin 55 und gelernte Goldschmiedin. Im Anschluss an meine Ausbildung hab ich Produktdesign studiert. Ich war einige Jahre als Designerin für große Firmen tätig. Die Hälfte der Zeit ging da für Vertragsverhandlungen drauf ... Heute bin ich selbstständig, habe eine Werkstatt im Haus mit angeschlossenem Atelier, mache meinen eigenen Schmuck und seit einigen Jahren arbeite ich auch als freie Künstlerin. Ich gebe Schmuck-Workshops und nehme an Ausstellungen teil, die ich zum Teil mit befreundeten Künstlern auch selbst ausrichte.

Was bedeutet es dir, nach Hause zu kommen?

Ich bin ein Gewohnheitsmensch, hier fühle ich mich sicher und geborgen. Außerdem erwarten mich natürlich meine Tiere.

Wenn wir dich besuchen kommen: Was würdest du uns kochen?

Eine wunderbare italienische Bolognese würde ich machen – und dazu ein schöner Rotwein. Ich liebe einfache und gute Küche.

Worauf legst du bei der Gestaltung deines Zuhauses Wert?

Ich mag es gerne frisch und bunt – und ich liebe Pflanzen! Es wird immer eine Mischung aus Altem und Neuem sein. Für mich ist es wichtig, dass wir uns wohlfühlen. Ich könnte weder in einem total vollgestellten Haus wohnen noch absolut reduziert.

„Ich bin kein Freund davon, ständig neu zu kaufen.“

Drei Dinge, die wir noch nicht über dich wissen:

1. Ich bin leicht chaotisch und auf der anderen Seite auch ein wenig pedantisch.
2. Ich hab ein Problem, Dinge wegzuwerfen, man könnte sie ja noch mal gebrauchen.
3. Ich möchte mich gerne reduzieren, denn ich hab im Laufe der Jahre gemerkt, dass viel Raum und Dinge einengen können. Man braucht nicht so viel, um glücklich zu sein.

Was liebst du an deinem Zuhause besonders?

Dass hier gelebt wird und die Mischung aus Alt und Neu. Ich bin kein Freund davon, ständig neu zu kaufen, deswegen begleiten mich die Dinge häufig ein Leben lang und sie haben oft noch eine Geschichte zu erzählen.

Hast du einen Lieblingseinrichtungsgegenstand?

Ich gestehe, das variiert: Mal ist es die Kommode vom Trödel oder auch die Vase für einen Euro oder ein tolles Geschenk oder einfach ein alter Kartoffelkorb von meiner Tante. Meist sind es Dinge mit Geschichte.

„Die schnelle Veränderung mit kleinen Dingen, Unwichtiges wichtig werden zu lassen.“

In welchen Merkmalen eures Zuhauses erkennst du dich am deutlichsten wieder?

In der Mischung von Altem und Neuem, dem Stilmix, vielleicht manchmal auch Stilbruch. Die schnelle Veränderung mit kleinen Dingen, Unwichtiges wichtig werden zu lassen.

Und wenn du dich doch festlegen müsstest?

Zwei Sachen sind für mich tatsächlich besonders: unser Sofa, das ist das alte Trio von COR. Ich hab es schon lange und viele haben mir gesagt, ich soll das „olle Ding“ endlich entsorgen – und ich bin froh, dass ich das nie gemacht habe! Und dann ist da der große Fundus an Karten, den ich bei einer Schulauflösung erstehen konnte.

In deinem Haus entdeckt man so viele schöne Vintage-Schätze, wo findest du diese?

Die meisten Dinge sind aus genau diesem Haus: Erbstücke von meinen Großeltern, wie beispielsweise der Jugendstilschrank im Schlafzimmer und der dazu passende Tisch. Bei der Renovierung unseres Hauses finden wir immer wieder Ecken, die seit Jahren kein Mensch betreten hat. Wir haben neulich einen Teil des Daches gedämmt und dort alte Munitionskisten, einen Kaffeeschrank und einen alten Waschtisch gefunden.

Ganz oben auf deinem Interior-Wunschzettel steht:

Mein größter Wunsch ist eigentlich, dass wir unsere Renovierungen mal abschließen. Ich würde mir tatsächlich aber auch ein paar Interior-Wünsche erfüllen: den Pressed Chair zum Beispiel oder ein neues Küchensofa – ich hab da eins im Blick: von der Sofacompany im Retrostyle. Oder die tollen Schalen von raawii.

Was habt ihr an eurem Haus alles selbst gemacht?

Vieles, zum Beispiel den Ausbau des Dachbodens. Mit der Fassadenrenovierung haben wir auch schon begonnen. Wir verlegen aber auch Bretter auf der Loggia, Fußboden im Wohnzimmer oder legen mal grad elektrische Leitungen. Immer mit fachlicher Unterstützung, aber eben selbst gemacht. Die Küche zum Beispiel war vorher 15 Jahre eine Büroküche. Wir haben uns beim örtlichen Holzhändler lediglich eine neue Platte zuschneiden lassen. Die Fliesen sind matt-weiß gestrichen. Mein Mann ist ursprünglich gelernter Maler und handwerklich äußerst begabt. Das ist von großem Vorteil, auch dass ich in meiner Werkstatt grad mal eben was sägen und bohren kann.

Welche Farben und Materialien magst du gerne?

Ich liebe unsere alten Holzdielen – es ist so schön, hier barfuss zu laufen. Gerne mit weißen Wänden, die das Ganze nicht zu holzig werden lassen.
Wir haben tatsächlich nur eine farbige Wand, einen Grünton in der Küche, und meine Tochter hat eine schwarze Wand in ihrem Zimmer.

Und einfache DIYs?

Ich liebe einfache DIY-Dinge, wie den Kleiderbügelkranz. Den gestalte ich immer wieder neu. Ich liebe es, Dinge vom Trödel aufzuarbeiten, das beste Beispiel ist meine Kommode aus den 50ern, die im Wohnzimmer steht. Die haben wir komplett abgeschliffen, auch innen, und dann neu lasiert.

Welche großen Wünsche würdest du dir erfüllen, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Als Erstes würde ich spenden.    
Dann würde ich ein Wunschprojekt angehen: einen Raum zu schaffen gerade für alte, aber auch für junge Menschen und natürlich auch für Tiere. Einen Raum, wo Würde und Respekt an erster Stelle stehen.

Ich selber würde kleiner und reduzierter wohnen wollen, auf einer Ebene und mit direkter Anbindung nach draußen. Wichtiger als die Wohnung an sich wäre mir die Umgebung. Wir leben ja schon sehr ländlich, aber ich würde noch mehr Abgeschiedenheit als großen Luxus empfinden, am besten auf einer Lichtung im Wald oder mit Blick aufs Meer.

Hast du noch andere Leidenschaften neben dem Einrichten?

An erster Stelle stehen sicher meine Tiere. Die meisten aus dem Tierschutz. Zuletzt Carlo, unser Perser-Kater, den ich auf der Straße gefunden habe.
Ich mag Kunst, sie zu machen oder mich einfach mit ihr zu umgeben. Und mein Job ist meine Leidenschaft: Ich liebe es, Schmuck zu machen, zu zeichnen und zu fotografieren.

Was macht für dich ein schönes Zuhause aus?

Individualität ist für mich sehr wichtig. Ich kann mich inspirieren lassen, doch ich finde, jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Bei mir wirst du auch Trends finden, dem kann man sich gar nicht verschließen, entscheidend ist, wie ich es umsetze. Ich finde es befremdlich, wenn die Einrichtung nach kurzer Zeit perfekt ist, ich denke, so was muss einfach wachsen.

Wie reist du gerne?

Wir verreisen immer mit unseren Hunden, immer mit unserem alten und restaurierten Wohnmobil, einem Hymer – fast ein Oldtimer –, original und voll restauriert von meinem Mann. Und damit sind wir fast immer ans Meer unterwegs.

Und wohin ans Meer?

Ich liebe Wasser, ich liebe den Geruch von Meer, ich liebe es, draußen zu sein! Und wenn man dann so reduziert lebt, das ist befreiend und tut gut. Aber vielleicht auch genau mit dem Wohnhintergrund, den wir haben. Wir machen gerne Wochenendtrips, meist nach Holland, aber wenn wir länger wegfahren, dann eher in nördliche Gefilde, weil wir mit unseren Hunden reisen und für die wäre der Süden viel zu warm. Wir fahren am liebsten nach Texel. Dort ist in einem Naturschutzgebiet ein wunderbarer Platz inmitten der Dünen, unweit vom Meer.

Gibt es für dich einen besonderen SoLebIch-Moment?

Der besondere „Moment“ ist für mich die Freundschaft zu Susanne aka @FraeuleinNussboeck . Ich bin ja schon seit 2012 bei SoLebIch angemeldet und folge ihr eigentlich von Anfang an. Wie sie lebt und sich einrichtet war mir immer sehr nah und sympathisch. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Jahr endlich einmal treffen!

Vielen, vielen Dank, liebe Ulrike, für die schönen Einblicke in dein Zuhause und das tolle Interview!

Verpasst kein neues Bild von @frauwagenfeld und folgt ihr hier!

Kommentare (48)

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