Wohngemeinschaft auf 4500 Quadratmetern: Zu Besuch bei mywe in der Schweiz

von Kati Tiringer

Im schweizerischen Mittelland zwischen Basel, Bern und Luzern hat sich Myriam aka mywe vor fünf Jahren ihren Wohntraum erfüllt: gemeinsam mit ihrem Partner und zwei anderen Parteien lebt die Restauratorin hier in der eigens erbauten Wohnsiedlung auf einem 4500 Quadratmeter großen Areal. Ihr Haus ist ihr alleiniger Rückzugsort, denn jeder bewohnt auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde seine eigenen vier Wände. Wie die Idee zu diesem besonderen Entwurf des Zusammenwohnens entstand und was Myriam bei der Gestaltung ihres Zuhauses wichtig findet, erzählt sie heute in ihrer Homestory. Hereinspaziert!

"Hier liegt immer der Duft von Ferien in der Luft!"

Liebe Myriam, wie lebst du?
Ich bewohne mit meinen beiden Katern ein Einfrauhaus auf einem Grundstück mit mehreren Wohn- und Ateliereinheiten im schweizerischen Mittelland. Mein Partner und ich haben das Areal vor fünf Jahren mit einer weiteren Person gekauft. Er ist ein häufiger und gern gesehener Gast in meinem Haus, wohnt aber eigentlich nebenan in seinem selbst gebauten Wohnatelier.

Ihr habt hier also eure eigene kleine Wohnsiedlung gebaut?
Auf dem Grundstück befand sich im 19. Jahrhundert eine Kiesgrube, die später als Werkhof genutzt wurde. Es gab alte Bausubstanzen, die wir nach dem Kauf teilweise abgerissen oder umgenutzt haben. Heute befinden sich hier vier Häuser in direkter Nähe zu einem Bach und einem Waldgürtel, der unsere Siedlung vom nahen Dorf abtrennt.

Habt ihr dein Haus auch selbst gebaut?
Ich habe es selber konzipiert und gemeinsam mit einer lokalen Holzbaufirma umgesetzt. Um Kosten zu sparen und um eine sehr persönliche Verbindung zum Haus zu bekommen, habe ich tatsächlich viel in Eigenleistung erbracht. Ich mag Handarbeit und so hat mir der Bau viel Freude bereitet. Mein Partner hat zeitgleich sein Wohnatelier gebaut, jeder war also mit seinem Projekt beschäftigt war.

Wie lange hat es gedauert, bis dein Haus fertig war?
Die Bauzeit für ein Holzhaus ist generell ziemlich kurz; die Konstruktion wurd in der Großschreinerei vorbereitet und in nur vier Tagen auf die vorher erstellten Fundamente errichtet. Danach wurden Fenster und Türen eingesetzt und fertig war der Rohbau samt tragender Innenwände und Treppe. Der Innenausbau hat bei mir jedoch vier Monate gedauert, da ich viel selbst gemacht habe. Ein spannendes aber auch kräftezehrendes Projekt! Im Nachhinein weiss ich gar nicht mehr, wie das neben der beruflichen Tätigkeit zu bewältigen war. Wahrscheinlich wächst man über sich hinaus, weil man sich so freut.

Bitte beschreibe dein Haus.
Die Gesamtwohnfläche beträgt 120 Quadratmeter. Im Erdgeschoss befindet sich der große Wohnbereich, das Entree, die Küche und ein Gäste-WC, im Obergeschoss befinden sich das Schlafzimmer, mein offenes Nähatelier, das Bad und eine kleine Abstellkammer. Waschküche und Technik befinden sich außerhalb und werden wie der Garten von allen vier Parteien genutzt.

Ein besonderes Wohnmodell!
Ja, die 25-jährige Tochter meines Partners findet es immer komisch, wenn sie anderen Leuten erzählt, wie wir als Paar leben. Für uns hat sich das einfach ergeben, weil mein Partner bildender Künstler ist und viel günstigen, einfachen Raum braucht. Für mich als Stadtkind war der Umzug aufs Land mit dem Wunsch nach einer Badewanne, einem Kaminfeuer und großen Fenstern für den Blick ins Grüne verbunden. Weil wir uns nicht finanziell zu stark miteinander verstricken wollten, hat schließlich jeder sein eigenes Ideal umgesetzt. Eine pragmatische und luxuriöse Lösung zugleich, denn wir verbringen viel Zeit miteinander, haben aber auch jeder seine Rückzugsmöglichkeit. Es gibt keine Diskussionen übers Putzen, dafür müssen aber auch zwei Haushalte in Schuss gehalten werden. Jeder kann sich einrichten wie er will, dafür gibt es keinen gemeinsamen Wohntraum – so hat alles seine Vor- und Nachteile.

"Ich bringe gerne Kunsthandwerk von meinen Reisen mit - einfach unersetzbare Erinnerungsstücke!"


Was bedeutet es dir, nach Hause zu kommen?
Nach Hause kommen bedeutet mir sehr viel. Der Weg, der vom Dorf in unsere Kiesgrube runter führt, lässt mich sofort in eine andere Welt eintauchen. Die Umgebungsgeräusche verschwinden und übrig bleibt nur Ruhe und das Bachrauschen. Durch den Bach und das viele Grün liegt für uns immer ein Ferienduft in der Luft. Ich fühle mich im Haus und dem gesamten Grundstück sehr geborgen und empfinde es als riesiges Privileg so leben zu dürfen!

Was machst du eigentlich beruflich?
Ich arbeite als Restauratorin in einem Kunstmuseum und bin auf Kunstwerke auf und aus Papier spezialisiert. Neben den restauratorischen Maßnahmen am Papierträger oder der Malschicht kümmere ich mich auch um die Aufbewahrung und Präsentation von kleinen bis ganz großen Objekten.

Welche Künstler magst du persönlich?
Ich habe in allen Epochen Lieblingskünstler. Je älter ich jedoch werde, desto mehr interessiere ich mich für zeitgenössische Kunst, zum Beispiel von Olafur Eliasson oder Anish Kapoor. Ich mag auch die stillen, meditativen Arbeiten von Lee Ufan, einem koreanischen Künstler. An meine eigenen Wände wünsche ich mir ein Werk von Henri Michaux, dessen Kalligraphie ich sehr liebe.

Spiegelt sich dein Beruf auch in deinem Zuhause wider?
Ich setze mich im Job stark mit verschiedenen Materialien und deren Eigenschaften und Herstellungstechniken auseinander und so ist mir gutes Handwerk auch privat sehr wichtig geworden. Ich mag natürliche Materialien und habe mich deshalb beim Hausbau mehrheitlich für Holz und Naturkalk entschieden. Meine liebsten Dekogegenstände sind kunsthandwerkliche Mitbringsel von meinen Reisen – und natürlich die Kunstwerke meines Partners.

Wo kaufst du deine Möbel?
Meist in kleinen Vintaggeschäften, Broccanten, online Gebrauchtwarenbörsen und auch kleineren und grösseren Möbelgeschäften. Einige habe ich vom Schreiner nach meinen Entwürfen anfertigen lassen. Für Accessoires besuche ich leidenschaftlich gerne Flohmärkte, am liebsten die Brocante in Le Landeron oder in Zürich den Flohmarkt Kanzlei. Ich stöbere auch gerne in Brockenhäusern, zum Beispiel in Huttwil im Emmental oder in Langenthal. Mein Lieblingsbrockenhaus in Städtischer Umgebung ist das Brocki auf dem Wolf in Basel.

"Ich bin Restauratorin, da ist mir hochwertiges, gut verarbeitetes Material schon von Berufs wegen sehr wichtig."


Wie würdest du deinen Wohnstil beschreiben?
Modern skandinavisch mit japanischen Elementen und einem Hauch Retro. Ich mag das Design der 50er und 60er Jahre und fühle mich schon seit meiner frühen Jugend von der japanischen Kultur angezogen, deshalb die teilweise modern japanische Ästhetik meiner Einrichtung. Ich habe eine andernde Vorliebe für Seladongrün und andere Blaugrüntöne, auch gerne in der kombination mit anderen Farbtupfern. Ich kann mich tagelang mit Farbkonzepten auseinandersetzen, mag grundsätzlich aber am ehesten mit Grau abgetönte Farben.

Passt das auch zu deinen Charaktereigenschaften?
Ich habe eine perfektionistische, wie auch eine chaotische Seite. Ich bin flexibel, kommunikativ, offen und weiss meistens was ich will. Ich kann stundenlang an etwas rumtüfteln, bis ich für ein Problem eine Lösung gefunden habe. Grosse Mühe habe ich mit Ungerechtigkeiten und Unstimmigkeiten, dann kann ich schon mal sehr laut und bestimmt werden...

Was inspiriert dich?
Ich liebe historische Fotografien von Künstlerwohnungen und Sammlern und habe das große Glück, durch meinen Beruf auch öfters direkten Einblick in solch kreative Haushalte zu bekommen. Sehr spannend!

Woher kommt deine Leidenschaft fürs Einrichten?
Schon in der Jugend habe ich mit meinem Taschen- und Weihnachtsgeld immer wieder mein Zimmer neu bestückt. Mit zwölf Jahren hatte ich sogar einmal heimlich meine ganze Zimmereinrichtung in einem Inserat für 50 Franken angeboten. Da staunte meinte Mutter natürlich nicht schlecht, als die ersten Interessenten anriefen. Sie hatte aber mehr Verständnis für meine Eskapaden, denn die Leidenschaft fürs Einrichten habe ich sicher von ihr. In meinem Elternhaus gab es für jeden Raum ein festes Farbkonzept. Meines war rot-weiß, das meines Bruders orange-braun. Das fand ich anfangs nicht so lustigs, bis dann Anfang der 80er Jahre der Coca Cola Hype kam. Später in meiner Gothic-Phase musste ich mich dann aber defininitv davon befreien. 

Du hattest eine Gothic Phase?
Ja, ich habe die Gothic- und New Wave Bewegung der 80er Jahre voll ausgelebt und tanze zu dieser Musik auch heute noch ab und zu die Nächte durch, bis morgens der erste Zug wieder fährt. Mein Horizont ist heute aber breiter, so besuche ich auch gerne experimentelle Jazzkonzerte.

Welche Hobbys hast du noch?
Orientalischer Tanz gehört zu einem weiteren langjährigen Hobby von mir und ich entwerfe und nähe gerne meine Kleidungsstücke selbst. Deshalb habe ich mir in meinem Haus auch den Traum vom eigenen Nähraum erfüllt. Ein neues Hobby ist das Gärtnern – bisher erfüllend und frustrierend zu gleich. Bis der Garten so aussieht, wie ich ihn mir vorstelle, wird es sicher noch Jahre dauern, aber so ein langfristiges Ziel zu haben finde ich auch sehr schön.

"Ich empfinde es als riesengroßes Privileg hier leben zu können und freue mich jeden Tag darüber!"



Vielen lieben Dank für das Interview!


Myriam hat uns auch schon mit nach Japan genommen und Verrät uns in ihrem Reisebericht ihre Tipps für Kanazawa und Kyoto. Ihre Empfehlungen für die Städte Basel, Bern und Luzern folgen bald - bis dahin könnt ihr in ihrem SoLebIch Profil noch viele weitere tolle Einblicke in ihr schönes Zuhause entdecken.


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