„Schönes Interior löst bei mir Kribbeln im Bauch aus!“ – Zu Besuch bei berlin.interior in Berlin

von Sebastian

„Hier bei uns am Ku’damm kann ich mir immer gut vorstellen, wie es vor 100 Jahren war. Ich stelle mir vor, wie genau an meiner Stelle eine andere Frau stand – 1900, 1920, 1940, 1960. Und wir stehen beide an denselben Gebäuden. Wie sieht es mit der Frau an derselben Stelle um 2050, 2080 oder 2118 aus?“, fragt sich Mel (36) aka @berlin.interior und öffnet uns die Tür zu ihrer 130 qm großen Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg unweit des Kurfürstendamms. „Es ist eine klassische Beletage“, erklärt uns Mel. Vor allem ist es eine Wohnung mit Geschichte, die Anekdoten über eine Bäckerei, Herrschaften, ein Berliner Zimmer, ehemalige Treppen und die ehemals beste Pizza der Welt erzählt.

Seit 2014 wohnt Mel mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern in der Mietwohnung, die sie eigenständig saniert und renoviert haben. Was sie alles neu gemacht haben und was eigentlich eine Beletage ist, erzählt uns Mel in ihrer Homestory.

Mel ist Gründerin und Geschäftsführerin von RooMoon – einem Rausfallschutz für Kinderbetten. Außerdem hat sie im letzten Jahr das „Berlin Interior Magazine“ gegründet. Sich selbst bezeichnet Mel als höflich und trotzdem straight, ungeduldig, lustig und liebevoll. Neben dem Einrichten liebt sie Musik, Reisen und Essen.

Liebe Mel, wie würdest du deinen Wohnstil in drei Worten beschreiben?

Mid-Century, classic, DIY.

Worauf legst du bei der Gestaltung deines Zuhauses Wert?

Das Gefühl muss stimmen. Ich möchte mich bei jedem Schritt wohlfühlen und entspannen.

Was liebst du an deinem Zuhause besonders?

Die vielen Zugänge zu den Räumen.

Das Klavier hatte Mel vor Kurzem blau lackiert, was ihr jedoch gar nicht gefiel. Mittlerweile erstrahlt es in einem Zimt-Rosé.

Kannst du uns bitte kurz erklären, was eine Beletage ist.

Eine Beletage war früher die beste Wohnung des Hauses in guter Lage. Sie befindet sich im Vorderhaus in der kompletten ersten Etage: früher aus circa zehn Zimmern bestehend, heute meist aufgeteilt auf zwei Wohnungen – wie auch bei uns.

Wie habt ihr eure fünf Zimmer aufgeteilt?

Wir haben ein Wohn- und Esszimmer, ein Schlafzimmer und drei Kinderzimmer. Ich überlege allerdings, irgendwann aus dem Wohnzimmer eine Wohnküche zu machen und aus der Küche einen weiteren Raum. Aber das liegt noch in weiter Ferne.

Das Berliner Zimmer aka Wohn- und Esszimmer. Das Mid-Century-Sideboard gehört zu Mels größten Glückskäufen.

Ihr wohnt in dem Teil, in dem sich das klassische „Berliner Zimmer“ befindet ...

Genau, dabei handelt es sich um ein Durchgangszimmer mit Fenster zum Hof. Es verbindet den vorderen Teil (der zur Straße führt) mit dem Teil der Wohnung, der sich noch in den Seitenflügel des Hauses hinein erstreckt.

Was befand sich früher im Seitenflügel, was in den Räumen zur Straße?

Die Zimmer zur Straßenfront waren früher den Herrschaften vorbehalten. Der Seitenflügel mit den Fenstern zum Hof war damals inklusive Küche und Badezimmer für die Bediensteten, die in derselben Wohnung wohnten wie die Herrschaften. Hier befand sich für sie immer ein zweiter oder dritter Eingang. Verbunden werden beide Flügel durch das Berliner Zimmer – bei uns das Wohnzimmer.

Wo heute der Esstisch steht, befand sich früher eine Treppe ins Erdgeschoss. „Bis vor Kurzem hat man dort die beste Pizza und Pasta der Welt bekommen. Leider hat das Restaurant vorletztes Wochenende nach 25 Jahren geschlossen“, sagt Mel.

Hast du eine alte Anekdoten zu eurem Haus?

Da gibt es einige. Ich weiß, dass das Restaurant unter uns einmal eine Bäckerei war, die auch wirklich selbst produziert hat. In unserem Wohnzimmer gab es eine Treppe nach unten. Und von dort aus noch eine Treppe in den Keller. Das muss aber mindestens 40 Jahre her sein. Danach war einmal eine Kneipe drin und seit 25 Jahren ein Restaurant. Ich wüsste zu gern, wie das hier vor 120 Jahren angefangen hat.

Die beiden Flure der Wohnung. Der Hängeboden links diente früher einem Dienstmädchen als Schlafplatz. Der Flur rechts verbindet die Küche mit dem Wohn- und Esszimmer.

„Das Gefühl muss stimmen. Ich möchte mich bei jedem Schritt wohlfühlen und entspannen.“

Zwischen Kinderzimmer und Schlafzimmer hat Mel eine Mauer geöffnet, in der sich einst eine Flügeltür befand, und eine neue alte Flügeltür wieder eingebaut.

Was hast du in deinem Zuhause alles selbst gemacht?

Oh ... sehr, sehr viele Dinge. Vom Freilegen und Abziehen der alten Holzböden bis zum Bau von Möbeln. Aktuell habe ich eine Mauer geöffnet, in der sich einst eine Flügeltür befand, und eine neue alte Flügeltür wieder eingebaut. Im Zimmer meiner jüngsten Tochter habe ich zum Beispiel das Bett und den Schrank entworfen und gebaut. Unseren Eckkamin habe ich auch selbst gebaut.

Wie bist du bei den Holzböden vorgegangen?

Ich habe eine Maschine geliehen, eine kurze Einweisung bekommen und losgelegt. Es war unkompliziert. Wichtig ist nur, alle Nägel vorher gut zu versenken, damit keine Funken entstehen. Nach mehreren Schliffen mit verschiedenen Schleifpapierstärken habe ich die Böden mit einem matten Fußbodenlack lackiert. Wieder zart angeschliffen und noch weitere zweimal lackiert.

Eines der drei Kinderzimmer, das mit der geöffneten Flügeltür direkt ans Schlafzimmer anschließt

Ihr habt viele Wandfarben und Tapeten. Was würdest du denjenigen raten, die sich das nicht trauen, aber eigentlich darauf Lust hätten?

Unbedingt ausprobieren! Wenn die Farbe nicht passt, dann ist sie wieder einfach zu überstreichen. Wenn man zum ersten Mal tapeziert, würde ich das zu zweit machen. Wenn man sorgfältig vorgeht und sich Zeit nimmt, kann es eigentlich nur gut gehen. Die Tapete klebt auch nicht sofort fest, sondern kann noch eine Weile verschoben, wieder abgezogen und noch einmal neu platziert werden.

Was steht ganz oben auf deinem Interior-Wunschzettel?

Ein Teppich für das Wohnzimmer. Ich würden den Beni Ourain aus dem Wohnzimmer gern ins Schlafzimmer legen und liebäugle mit ein paar Teppichen, unter anderem von THE KNOTS BERLIN.

Die Küche befindet sich im Seitenflügel der Wohnung. Die Metrofliesen hatte Mel zunächst komplett in Schwarz. „Ich fands so schlimm, dass ich geträumt habe, dass meine Küche eine Burgerbude ist und fremde Leute darin rumlaufen. Am nächsten Tag habe ich sie sofort durch weiße ersetzt“, lacht Mel.

Welche drei Dinge wissen wir noch nicht über dich?

1. Ich bin der ungeduldigste Mensch der Welt.
2. Mit 12 Jahren habe ich das erste Mal mein Kinderzimmer allein renoviert.
3. Schönes Interior löst bei mir ernsthaft Kribbeln im Bauch aus.

Das Badezimmer – ebenfalls im Seitenflügel – hat Mel erst kürzlich renoviert.

Welche Muster, Farben und Materialien magst du besonders?

Momentan fühle ich mich zu japanischen Stilelementen hingezogen. Kraniche fand ich schon immer hinreißend. Ich liebe Naturfasern, natürliche Stoffe und Holz.

Welchen Wunsch würdest du dir erfüllen, wenn Geld keine Rolle spielen würde?

Dann hätte ich oben auf dem Haus gern eine Dachterrasse voller Pflanzen.

Bis sich Mel den Traum einer Dachterrasse voller Pflanzen erfüllen kann, bleibt ihr immer noch der kleine Stadtbalkon. Die kleine DIY-Bank hat Mel aus Holzresten aus dem Keller gebaut, die Blende stammt von dem Rest einer Heizungsverkleidung. Als Sitzpolster dienen alte, zurechtgeschnittene Kindermatratzen, die Mel mit einem alten Vorhang bezogen hat. Wenn es regnet, kann alles unter der Sitzbank verstaut werden.

BK12 Outdoor Bank
BK12 Outdoor Bank
1.580,00
1.457,00

Liebe Mel, vielen Dank für das schöne und spannende Interview!

Um in Zukunft kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @berlin.interior hier folgen.

Zu allen Homestorys geht’s hier entlang.

Kommentare (16)

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