„Lieber einmal richtig investieren als ständig rumbasteln“ – Projekt Traumhaus mit FräuleinOtten + Verlosung

von Nicole

„Oft wird beim Bau auf opulente Wohnbereiche Wert gelegt und vergessen, ob eine Getränkekiste in die Speisekammer passt.“ Stephanie aka @FräuleinOtten wohnt seit Juni 2016 in einem 1936 erbauten Kaffeemühlenhaus in Stockach am Bodensee. Aus zwei Wohnungen entstand damals ein modernes, sensibel saniertes Zuhause für die vier. Warum ihr die Nachbarschaft so wichtig ist, wie und in was sie lieber investiert, als zu sparen, und welches Buch sie gerade veröffentlicht hat, erfahrt ihr in der neuen Ausgabe der Serie „Projekt Traumhaus“. Hereinspaziert!

Liebe Stephanie, bitte erzähle ein bisschen über dich.
Ich bin 42 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Jungs, Oskar, 10 Jahre, und Elmar, 7 Jahre. Vielleicht kennt mich jemand auch als „Fräulein Otten“ von meinem Blog, den ich seit über neun Jahren betreibe.

Wolltest du schon immer ein altes Haus kaufen?
Ja, ich liebe alte Häuser! Der Charme des Altbaus ist einzigartig.

Das Herzstück ist der Grundofen, der zwischen Wohn- und Esszimmer steht.

In welchem Zustand war das Haus beim Kauf?
An dem Haus wurde immer nur das Nötigste gemacht. Nach über 80 Jahren war eine Grundsanierung notwendig. Dies hatte aber auch Vorteile: Vieles war noch im Originalzustand, wie zum Beispiel die Lampen im Flur, die Türgriffe und noch vieles mehr.

Ihr wohnt in einem alten Kaffeemühlenhaus. Wie seid ihr zu diesem gekommen?
Ganz banal über Immobilienscout24. Das Haus war wirklich ziemlich heruntergekommen. Beim Verkauf des Hauses war die Bedingung des Erben, dass wir erst einziehen können, wenn die Mieter ein neues Zuhause gefunden haben. Dies schreckt natürlich einige potenzielle Käufer ab.
Wir sind dann bei der Hausbesichtigung mit den Mietern ins Gespräch gekommen und fanden diese auf Anhieb sympathisch. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass sie bereit für eine Veränderung waren, und somit haben wir noch am gleichen Tag dem Kauf zugestimmt. Es dauerte tatsächlich nur ein halbes Jahr, bis sie ausgezogen sind. Wir haben die Zeit genutzt, um gemeinsam mit unseren Architekten das Haus zu planen und nach einem Bauleiter zu suchen.

Wie lange hat der Renovierungsprozess gedauert?
Das Haus haben wir 2015 bis 2016 komplett saniert. Der Außenbereich ist allerdings noch nicht fertig.

Ihr habt Architekten zu Hilfe genommen?
Ja, wir haben mit einem befreundeten Architektenehepaar zusammengearbeitet.

Wie wohnt ihr jetzt?
Seit 2016 wohnen wir nun auf 240 qm auf einem 850 qm großen Grundstück.

Wie viele Zimmer hat das Haus?
Mit Waschküche, Abstellräumen, zwei Badezimmern und dem Gäste-WC sind es 19  Zimmer.

Wie würdest du den Stil eures Hauses beschreiben?
Bei Fassade, Boden, Wänden, Dachziegeln und Ähnlichem haben wir so originalgetreu wie möglich das Haus sanieren lassen. Als Kontrast haben wir die Küche und viele Lampen sehr puristisch und modern gehalten. Gerade diese Mischung aus Tradition und Designklassiker mag ich sehr gern.

„Oft wird beim Bau auf opulente Wohnbereiche Wert gelegt und vergessen, ob eine Getränkekiste in die Speisekammer passt.“

Was liebst du an deinem Zuhause besonders?
1. Die Raumaufteilung empfinde ich als sehr gelungen, da sie sich im Alltag bewährt hat. Oft wird beim Bau auf opulente Wohnbereiche Wert gelegt. Hingegen wird nicht darauf geachtet, ob eine Getränkekiste in die Speisekammer passt oder ob in der Waschküche genug Platz ist, um die Wäsche nach Farben und nach Materialien zu sortieren. Bei einer vierköpfigen Familie kommen schnell viele Jacken und Mäntel zusammen, wofür es eine geräumige Garderobe braucht. All diese Kriterien erfüllt unser Zuhause.
2.Dann mag ich auch unsere Nachbarschaft, wir sind gut integriert und das genieße ich sehr. Die Nachbarschaft sollte beim Hauskauf nicht unterschätzt werden. Was bringt einem das schönste Zuhause, wenn man sich mit seinem Umfeld nicht versteht?

Wie habt ihr das Haus neu aufgeteilt? Beginnen wir mit der Erdgeschosswohnung ...
Die haben wir zu einem offenen Wohnbereich umgebaut: Er besteht aus Wohn- und Musikzimmer, Esszimmer, Küche, Speisekammer, Putzkammer, Garderobenbereich und Gäste-WC. Im offenen Wohnraum haben wir mehrere Durchgänge geschaffen und dabei bewusst Wände stehen lassen. Zum einen, um den Altbaucharakter zu bewahren, und zum anderen, um gemütliche Nischen innerhalb des offenen Wohnraumes zu bekommen.

Im Esszimmer steht ein historischer Kachelofen aus den 20er-Jahren, in den ein Grundofen integriert wurde.

Und das erste Geschoss?
Im ersten Geschoss befinden sich die zwei Kinderzimmer von Oskar und Elmar, das Kinderbad, das Arbeitszimmer meines Mannes sowie mein Atelier mit Loggia und Blick in den Garten. Das kleine Bad und die separate Toilette haben wir zu einem geräumigen Bad zusammengelegt und den bestehenden Balkon in eine Loggia umgebaut, die nun mein Arbeitsplatz ist.

Der umgebaute Balkon wird nun als Arbeitsplatz genutzt.

Im Dachgeschoss?
Das haben wir ausgebaut. Da es aber nicht gerade hoch ist, war es eine Herausforderung, ein Schlafzimmer, zwei begehbare Kleiderschränke und ein Bad mit Badewanne sowie Dusche unterzubringen. Durch den Bau von zwei Gauben haben wir auf eine charmante Art viel Wohnraum gewonnen.

Die Waschbecken sind von Duravit, die Badewanne ist von Bette, Armaturen sind von Grohe und Lichtschalter von Gira.

Und zum Schluss: Was befindet sich im Keller?
Der Keller besteht aus Naturkeller, Waschküche, Werkraum für die Kinder und Heizungskeller.

Bei der Renovierung des Hauses war euch der ökologische Aspekt wichtig.
Ja. Wir sind unseren ökologischen Ansprüchen gefolgt und haben versucht gleichzeitig originalgetreu aus der Zeit der 30er-Jahre zu sanieren. Wobei sich dies gut deckt, da zu dieser Zeit nicht mit der Chemiekeule gearbeitet wurde.

Im Detail heißt das für eure Wände?
Wir haben alle Wände mit einer Kalkglätte und anschließend mit Kalkfarbe streichen lassen. Dadurch sind die Wände alkalisch und diffusionsoffen. Das Raumklima ist toll, ähnlich wie in Kirchen, die in der Regel auch einen Kalkanstrich haben.
In Gäste-WC, Kinderbad und Elternbad haben wir eine Kalkmarmor-Spachtelung verwendet, die im Anschluss mit flüssigem Bienenwachs wasserabweisend gestrichen wurde. Nur im Duschbereich gibt es Fliesen. In der Küche haben wir die Wände geseift. Dadurch sind sie abwischbar und behalten die typische stumpf-matte Optik, die ich an den Kalkwänden so liebe.

Im Gäste-WC wurde Kalkmarmor-Spachtelung für die Wände verwendet.

Und für die Böden?
Die Böden im EG mussten stellenweise ersetzt werden. Damit die Übergänge harmonisch wirken, haben wir mit viel Aufwand 200 Jahre alte Dielen bei einem historischen Baustoffhändler organisiert. Die Dielen sind geseift. Diese traditionelle Technik wird viel in skandinavischen Ländern angewendet. Dadurch bleiben die Böden schön hell und haben trotzdem den typischen natürlichen Holzcharakter.
Auch für die Fliesen im Flur sowie in der Waschküche konnten wir dort originale Schachbrettfliesen aus den 30er-Jahren bekommen.

Stephanies Tipp: Generell kann ich jedem, der einen Altbau sanieren möchte, historische Baustoffhändler wärmstens ans Herz legen. Bleibt hartnäckig, wenn die Handwerker dies nicht verarbeiten wollen. Das Lustige daran ist immer, dass sie nach der Fertigstellung selbst begeistert sind.

Wie genau seid ihr bei der Planung vorgegangen?
Da dies schon unser zweites Haus ist, hatten wir schon etwas Erfahrung mit Altbausanierung. Unser erstes Haus war auch ein Kaffeemühlenhaus aus den 30er-Jahren. Auch unsere Architekten machen viele Altbausanierungen. Wir haben ihnen unsere Ideen genannt und dann sind die ersten Pläne entstanden. In der Zeit war ich viel auf Pinterest, verschiedenen Blogs und natürlich auf SoLebIch. Dort habe ich viele Ideen gesammelt. Auch die Gespräche mit dem historischen Baustoffhändler haben uns bei der Umsetzung geholfen. Oft waren die historischen Baustoffe, für die wir den richtigen Platz gesucht haben, entscheidend.

Euer zweites Haus?
Mein Mann ist promovierter Ingenieur und bekam vor knapp fünf Jahren ein tolles Jobangebot in der Schweiz. Aus diesem Grund sind wir aus der Pfalz an den Bodensee gezogen. Wir sind beide in Baden-Württemberg aufgewachsen und deshalb war es ein bisschen wie nach Hause kommen. Zudem wohnen meine Schwiegereltern nicht weit, was für unsere Jungs toll ist. Das erste Haus, das in Landau stand, haben wir an Bekannte verkauft.

Wo lässt sich Geld sparen, worin sollte man lieber investieren?
Wir haben das Motto: Lieber einmal richtig investieren, als ständig rumzubasteln. Im Englischen gibt es dazu ein Sprichwort: „Ich bin zu arm, um billig einzukaufen.“ Bei unserem ersten Haus haben wir ein günstiges Mülleimerhäuschen aus dem Baumarkt gekauft. Schon beim Aufbau war es windschief. Beim nächsten Sturm ist das Dach abgefallen.

Was habt ihr dann entschieden?
Nach einem Jahr haben wir uns dann entschieden, ein neues, hochwertiges Mülleimerhäuschen zu bauen. In unserer Gesellschaft neigen wir oft dazu, schnell viel und billig zu kaufen. Diese Käufe müssen dann oft schnell wieder ersetzt werden. Wenn Wohnbereiche gut geplant sind und einen trotzdem finanziell an die Grenzen treiben, entsteht eine ganz andere Wertschätzung für das Eigentum. In unserem Garten ist vieles noch nicht fertig. Gerade der Außenbereich ist sehr kostspielig. Ich übe mich in Geduld und weiß genau, was wir wo wollen. Ich weiß aber auch, was diese Dinge kosten. So schaffen wir sie uns Schritt für Schritt an und denken immer an unser windschiefes Mülleimerhäuschen.

Konntest du bei der Renovierung des Hauses auch etwas selbst machen?
Den Garten habe ich komplett allein gestaltet. Das Anlegen der Pflanzen und des Rasens haben wir selbst gemacht sowie diverse kleinere Malerarbeiten.

Welche Tipps hast du für uns, von denen du wünschtest, die hätte dir jemand gegeben?
Bei der Wahl von Handwerkern, Bauleiter und Architekten ruhig drei, vier Referenzen anfragen. Diese dann immer kritisch hinterfragen. Sich eventuell Arbeiten anschauen, um sicherzugehen, dass die Wellenlänge stimmt.

Könntest du Menschen, die bald ein Haus sanieren möchten, eine Kurzanleitung geben, was step by step zu tun ist?
Eine Step-by-Step-Kurzanleitung habe ich nicht. Eins kann ich aber mit auf den Weg geben: Ich glaube, als Bauherr ist es wichtig, eine klare Vision zu haben. Wenn man diese nicht hat und auch nicht hartnäckig daran festhält, kann es passieren, dass es nachher nicht das Haus ist, das man möchte. Für alle Bauunternehmen ist es nur ein weiteres von vielen Bauprojekten. Oft werden Ideen niedergeschmettert, weil sie schlicht unbekannt sind oder weil Dienstleister keine Lust darauf haben, sich in das Thema einzuarbeiten. Da ist Durchhaltevermögen wichtig mit Blick auf die eigene Vision.

Hast du deinen Budgetrahmen einhalten können?
Leider nicht. Bei uns wurde es ca. 15 % teurer, obwohl wir einen großen Puffer eingebaut hatten. Im Budget war ursprünglich auch unser kompletter Garten mit drin. Was aber nicht gereicht hätte. Aktuell fehlen noch ein paar Sachen im Garten. Die Verschnaufpause tat uns aber auch ganz gut. Wir haben körperlich gemerkt, dass wir eine Pause gebraucht haben. Aktuell steht der Schuppen an, den wir mit den alten Biberschwänzen von unserem Dach eindecken wollen. Dann sind Holzlager aus Roststahl geplant, die zusätzlich als Sichtschutz und Zaun dienen werden.

   
   
Liebe Stephanie, vielen Dank für deine Einblicke in dein Traumhaus!
Hier entlang geht es zur Homestory von @FräuleinOtten .
Alle Beiträge aus der Serie „Projekt Traumhaus“ findet ihr hier.
Um kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr Stephanie hier folgen.
  
   

Verlosung: 3 Bücher „Morle schnurrt”

Stephanie hat gerade ein neues Buch herausgegeben zum Thema Wohnen, allerdings für unsere lieben Vierbeiner. Darin stellt sie 20 Anleitungen für Näh-, Filz- und Holzprojekte sowie schmackhafte Katzenleckerli vor. Ob Hängematte, Filzmaus, Katzenhaus oder Katzenklo – jedes einzelne Projekt wurde lange auf seine Katzentauglichkeit überprüft. 

Wenn ihr das Buch gewinnen möchtet, dann verratet uns in einem Kommentar unter diesem Beitrag auf SoLebIch.de den/die Namen eurer Katze(n)! Teilnahmeschluss ist der 19. Mai 2019, 23:59 Uhr. Wie immer gelten die Allgemeinen Teilnahmebedingungen.

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