imm cologne 2018: Meine 5 Highlights – wenn Einrichtung mehr kann, als hübsch aussehen!

von Nicole

Schon Wochen vorher steigt bei mir die Aufregung und Vorfreude auf die neue Messesaison: Was haben sich die Hersteller mit ihren Designern Neues ausgedacht? Welche Farben werden die Messestände dominieren? Und wird die Zimmerpflanze die Messe bald komplett zuwuchern? Ich war gespannt.


Die erste Möbelmesse des Jahres ist die imm cologne im Januar und wie immer gab es viel zu sehen. Meiner Meinung nach zwar nicht so viel wie sonst, aber Highlights gab es allemal: Filigrane Objekte mit starker Aussage, Kunst und Einrichtung, die verschmelzen, und Thonet überraschte mit einer Neuheit: dem Küchenstuhl 118, der Potenzial hat, ein neuer Stuhlklassiker zu werden. Artek hat ein neues Material, bei dem Altern erwünscht ist. Und die Farbe Rosa wird uns auch dieses Jahr weiter als Millennial Pink begleiten – als Statementfarbe, die ihrem Babyrosa-Image zurecht entwachsen ist.


Nicht ganz so glücklich war ich über die rauchigen Farbnuancen, die Farbe Braun und die großen puffigen Loungesofas in Kombination mit holzvertäfelten Wänden. Ich hoffe, dass es nicht zu einem zu starken Rückzug in die Spießigkeit der 50er-Jahre und in die triste Biedermeier-Bürgerlichkeit gibt.


Und was folgt auf Hygge und Lagom? Die neue Philosophie des Wohnens heißt jetzt Wabi-Sabi, nicht zu verwechseln mit Wasabi. Aha.

   

1. Möbeltrend: Filigran und anmutig – die neue Leichtigkeit

Der Gegentrend ist nicht weit, wenn es auf der einen Seite schwer, behäbig und plüschig wird – anmutig. Filigran und schlicht zeigen sich auf der anderen Seite Regale, Tische und Stühle. Sie fordern uns heraus, nur das zu zeigen und zu besitzen, was ihre Ästhetik nicht beeinträchtigt.

   

Auf den Hersteller Moebe – viele von euch kennen die durchsichtigen Bilderrahmen – darf man noch gespannt sein. Erst 2014 von drei Kopenhagener Jungs gegründet, machen sie schon jetzt von sich reden. Bei diesem erweiterbaren Regalsystem können die Höhen der Regalböden durch die Keile stets den Bedürfnissen des Bewohners angepasst werden. Den filigranen Stuhl Henning von e15 gibt es nun auch platzsparend als Stapelstuhl. (Bilder PR)

Ebenfalls eine diesjährige Messeneuheit: der preisgekrönte Tisch ASHIDA von e15 in weiß pigmentierter Eiche, inspiriert von der japanischen Schreinerkunst. Mein Traum. (Bild PR)

   

   

   Die zwei Designer der zauberhaften YUH-Leuchte von Louis Poulsen: Stine Gam und Enrico Fratesi. Ihr Büro GamFratesi müsst ihr euch unbedingt merken! Für die YUH haben sie sich von der AJ-Leuchte von Arne Jacobsen inspirieren lassen. YUH ist im Übrigen ein kleines Multitalent: Der Schirm lässt sich in der Höhe verschieben, der Kopf kippen und drehen. Und wie man die YUH anmacht? Das haben mir Stine und Enrico auf der Messe gezeigt.

   

Der skulpturale Tray Table der Firma mit dem schönen Namen: PLEASE WAIT to be SEATED. (Bild PR) Die Berliner Firma NEW TENDENCY hat es mir ebenfalls angetan: klar und unprätentiös die Entwürfe, gut verarbeitet, handmade in Germany. Der Bauhaus-Tradition folgend ästhetisch und funktional. Für mich nach wie vor die beste Kombination. @Herr Glück  erfreut sich bereits an dem Nachttisch in seinem Berliner Altbau.

Filigrane Sessel solo seat von Muller Van Severen. (Bild PR)

Die Leuchten wie die hanging lamp n°4 von Muller Van Severen zeigen, dass filigran und schlicht nicht farblos bedeuten muss. (Bild PR)

         

2. Accessoiretrend: Spiegel – das Spiel mit dem Licht

Licht ist nicht nur sehr wichtig für unser Wohlbefinden und unsere Einrichtung: Das sinnliche Spiel aus Schatten und Reflektionen, das von spiegelnden Oberflächen ausgeht, fasziniert uns seit jeher. Zeitgenössische Künstler wie Ólafur Elíasson und sein ehemaliger Assistent Jeppe Hein widmen diesem Thema ihr heutiges kreatives Schaffen. In der Kunstgeschichte kommt dem Spiegel seit Jahrhunderten eine bedeutende Rolle zu: als Vanitas-Symbol, das für Eitelkeit steht; oder wie im berühmten Gemälde die Arnolfini-Hochzeit von 1434, das den Künstler Jan van Eyck im Spiegel als Zeuge der Hochzeit zeigt. 

   

Spiegel heute und früher: Der Spiegel von Moebe TALL WALL MIRROR und die Arnolfini-Hochzeit, ein Gemälde des flämischen Malers Jan van Eyck, das heute in der National Gallery in London zu besichtigen ist. (Bilder PR und wikipedia)

Reflektionen in der Kunst von heute: Fly me to the Moon von Jeppe Hein und Ólafur Elíassons Installation Cosmic Gaze, bestehend aus 329 Glaskugeln. Den ganzen Artikel über den Besuch der art basel findet ihr hier.

Spiegelungen in der Architektur: die Elbphilharmonie in Hamburg.

Das Museum für Angewandte Kunst widmete dem Thema „SUR/FACE. Spiegel“ letztes Jahr eigens eine Ausstellung in Frankfurt. Das Werk stammt von Karen Chekerdjian, fotografiert von Marco Pinarelli.

124° von Daniel Rybakke für Artek. (Bild PR)  

   

Zwei Spiegel haben mich beim diesjährigen imm-cologne-Besuch besonders fasziniert: der kleine 124° geknickte Spiegel von Artek – durch den Winkel kann ich mich jedes mal neu entscheiden, ob ich mich heute sehen möchte und wie. Er fördert den Perspektivwechsel und fordert uns heraus. Hingestellt oder auch aufgehängt ist er hübsch anzusehen und dabei nicht nur nützlich, sondern zugleich auch eines kleines Lichtobjekt.

      

  

Marianne Goebl, Chefin der finnischen Firma Artek mit dem 124° Spiegel im Video.     

In den dreidimensionalen Spiegel Piega von ClassiCon habe ich mich ebenfalls verliebt. Entworfen hat ihn die Französin Victoria Wilmotte. Piegas Fläche ist mehrfach geknickt und gefaltet. Dadurch entstehen die faszinierendsten Licht- und Farbspiele. Und zerbrechen kann er auch nicht, denn er besteht aus spiegelpoliertem Edelstahl. Ich würde ihn mir sofort über das Sofa hängen.

   

Das dreidimensionale Objekt Piega gibt es wie den 124° in drei Größen.   

Die ovale Sauna Solar Egg der renommierten Künstler Mats Bigertand und Lars Bergström ist fünf Meter hoch, vier Meter breit und hat eine Schale aus vergoldetem Edelstahl, welche die Stadt und die umliegende Landschaft reflektiert. (Bild PR)

       

3. Materialtrend: Altern erwünscht – die Schönheit kommt durch Reife

Wer kennt das nicht: Etwas Neues soll möglichst lange neu aussehen, und den ersten Kratzer möchte man, wenn möglich, selbst verursachen. Wirklich Altes wird dann bewusst mit Patina gekauft und dafür geschätzt. Aber dem Altern zusehen? Die liebe Marianne Goebl, seit 2014 Chefin der finnischen Firma Artek und ehemalige Direktorin der Design Miami, zeigte mir den Leuchtenklassiker: die Artek-Pendelleuchte A330S, auch Golden Bell genannt, in der neuen Interpretation als Golden Bell Savoy. Diese ist unbeschichtet, das Messing oxidiert und erhält so mit den Jahren eine unverwechselbare Patina – und altert mit uns. So wird sie Teil unserer Geschichte.
Sie würde sehr gut in das jahrhundertealte japanische Schönheitsverständnis des Wabi-Sabi passen, der versteckten Schönheit, der herben Schlichtheit. Nichts ist perfekt, nichts bleibt für ewig. Wie weise und wie wahr. Das Gelebte ist das wirklich Schöne, das ist stärker als Hygge, Cocooning und Lagom zusammen.

   

Das Restaurant Savoy in Helsinki, für die Alvar Aalto nicht nur die berühmte Glasvase, sondern auch die Golden-Bell-Leuchte entwarf. Die 1937 entworfene Leuchte gibt es nun auch als unbeschichtete Variante. (Bilder PR)

   

„Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie. Halte die Dinge sauber und unbelastet,
aber lasse sie nicht steril werden.“ Leonard Koren

      

4. Potential für einen neuen Klassiker: Der 118 von Thonet

Dieses Jahr wurde die erste Zusammenarbeit von Sebastian Herkner mit Thonet präsentiert: der 118-Küchenstuhl. Oder, wie Sebastian ihn getauft hat: Offenbacher Stuhl. Eine Hommage an seine Heimatstadt. Der neue Thonet-Küchenstuhl 118 ist bequem, filigran, schlicht und vereint berühmte Thonet-Elemente wie Rohrgeflecht und präzise Handwerkskunst made in Germany. Dazu hat er mit seinen ca. 300 Euro einen fairen Preis für Handarbeit aus Deutschland.

     

Sebastian Herkner vor seinem Offenbacher Stuhl: dem 118. Es gibt ihn in verschiedenen Farbvarianten, in matt und glänzend. Einigen mag er vielleicht bekannt vorkommen: Der 118 ist eine Neuinterpretation des Frankfurter Stuhls aus den 30er-Jahren, kombiniert mit Elementen des berühmten Thonet-214-Kaffeehausstuhls von 1859. Das man den Stuhl nicht immer neu erfinden kann und muss, um etwas Einzigartiges mit Wiedererkennungswert zu schaffen, zeigt Sebastian mit seinem Offenbacher Stuhl in Perfektion.

   

Sebastian Herkner polarisiert: Für die einen entwirft er zu viel, die anderen vergöttern ihn. Aber eines muss man anerkennend festhalten: Der 36-jährige Designer ist erfolgreich und macht nicht nur die Hersteller, sondern auch viele Menschen mit seinen Produkten glücklich. Ich denke da an den Bell Table, die Container-Vase oder die Oda-Leuchte. Und auch zum Erhalt vieler kleiner Firmen und Manufakturen trägt er bei: So konnte die Glasmanufaktur von Poschinger, die den Bell Table im Bayerischen Wald herstellt, erstmals wieder Glasbläser einstellen.

   

Das berühmte Rohrgeflecht und noch eine Besonderheit: Der Sitzrahmen ist aus einem Stück gebogen. Marva Griffin, die Grande Dame des Designs und DIE Instanz für Nachwuchstalente, kennt ihren „little boy“ Sebastian seit zehn Jahren und lässt sich den Stuhl bis ins Detail erklären. Marva hat vor 20 Jahren mit dem SaloneSatellite, einer Nachwuchsplattform des Salone del Mobile – der Mailänder Möbelmesse – ein mächtiges Forum für junge Talente erfunden, auf dem viele heute bekannte Designer wie Stefan Diez oder Konstantin Grcic entdeckt wurden.

     

5. Millennial Pink: Die Emanzipation einer Farbe 

Was kommt, was bleibt? Wenn man den Messeständen glauben schenkt, wird es farblich zurückhaltender. Nicht weißer, sondern rauchiger, gedeckter, pudriger. Vor allem pastellige Rost- und rauchige Grün- und Blautöne sind neu – mit den rauchigen Tönen muss ich mich allerdings noch anfreunden. Holz wird dunkler, die Textilien weiterhin strukturierter. Samt und Schwarz sind nach wie vor beliebt, dominieren aber nicht mehr.

Wo ist der Dschungel geblieben? Die Grünpflanze weicht der Farbe Grün. Ich liebe botanische Gärten und Grünpflanzen, aber auf den Messeständen konnte man durch das grüne Dickicht die Möbel nur noch schwer erkennen. Das wurde mir zu viel.

Und die Disteldeko, mit Braun kombiniert, erinnert mich persönlich zu stark an unsere ehemalige 70-jährige Nachbarin, bei der das Gebetsbuch inklusive Rosenkranz und ein paar Steinen auf dem Regal lagen. Nicht meine schönste Assoziation. Ich habe es lieber klar und vor allem ein wenig frecher – aber das ist ja Geschmackssache ...

Was mir besonders gefällt: der Imagewandel einer Farbe. Rosa hat sich von der Kleinmädchenfarbe emanzipiert und ist lässig, selbstbewusst und erwachsen geworden.

   Holz- und Brauntöne

Lotta Agaton ist auch dieses Jahr für den String-Stand zuständig gewesen. Wie immer war alles sehr hübsch anzusehen, nur habe ich vor dieser braunen Kombination mit Disteln ein wenig Unbehagen.

Bei menu: Samt, Messing und Glas sind nach wie vor beliebt und führen den Salon-Trend weiter an.

Das Material 2018: Chrom. Daran muss ich mich noch gewöhnen, beim limitierten Panton-Stuhl gefällt es mir aber schon ganz gut. (Bild PR)

Millennial Pink

Helles, zartes Rosa auf vitras Modular-Sofa. Die Teppiche auf der immer cologne, wie hier bei vitra von cc-tapis, werden immer geometrischer und lebendiger.

Rosa bei Muuto und bei vitra. Bei Letzterem lässig kombiniert mit einem Spiegeltisch, Marmor und Messing. Den Materialmix beherrschen die Schweizer.

Der Nachttisch in Millennial Pink ist ein Statement und hat nichts mehr mit Barbies zu tun: die hippe Firma NEW TENDENCY, die ihre imm-Party mit keinem geringeren als dem deutschen Grafikdesignstar und Creative Director des Zeit-Magazins Mirko Borsche feierte. Cooler geht nicht. Kunst und Kommerz: Rosa Teppich und Klopapierrolle im Acne Store am Neuen Wall in Hamburg.

Auch bei Walter Knoll macht Rosa keinen halt, der Teppich ist aus feinster Seide. Neu bei Walter Knoll: Die Bodenkissen.

Glamping – die Lässigkeit zieht zu Hause ein. Auch beim Luxushersteller ist auf dem Boden fläzen ab jetzt erlaubt. Walter Knoll hat dazu Bodenkissen entworfen, die es zu Hause ermöglichen, auf verschiedenen Ebenen entspannt zu sitzen, zu liegen und zu kuscheln. Und sich dabei noch zu erden, wie Markus, Marketingchef von Walter Knoll, im Video den Trend erklärt.

Strukturierte Textilien in weiß

Und die Textilien? Sie werden strukturierter, bis zum Schaf auf dem Sessel. Felle bei Weltevree. Lounge Charm und Struktur bei @tradition.

Strukturierte Stoffe bei Wittmann und Luiz Home Collection.

by Lassen: Schafsfell auf dem Sessel The Tired Man. Helles Sofa bei Muuto.

   

Rauchiges Grün & Blau

Grüner Samt bei @tradtion und der Prouvé-Stuhl in Graugrün und Graublau.

Rauchiges Grün bei vitra und der längliche 124°-Spiegel gruppiert an der Wand.

Changierendes rauchiges Grün bei Muuto.

Sukkulenten in neuen Pflanzgefäßen in Savoy-Vasenform von Artek. Ebenfalls eine Neuheit: das Kunststofftablett von vitra.

  

Rosttöne

Rost- und schwarzer Ton aus Kolumbien bei ames.

Rost und Blau bei ferm LIVING, die zum ersten Mal auf der imm cologne in Köln ausgestellt haben.

Die Teppichmanufaktur von Jan Kath, die zum Wiederaufleben der Teppiche beigetragen hat, zeigt Zurückhaltendes bis Extravagantes mit hervorstehendem Neon. Alles, was das Teppichherz begehrt.

Aber keine Sorge – einen knalligen Lichtblick gab es zwischen den gedeckten Tönen beispielsweise bei AUTHENTICS, deren Markenauftritt, inklusive ein paar neuer farbintensiver Entwürfe, von dem sympathischen Hamburger Erfolgsduo Eva Marguerre und Marcel Besau kreiert wurden.

Bezaubernd und erfolgreich: Die Designer Eva Marguerre und Marcel Besau   

   

Ich habe mich an den fünf Highlights sehr erfreut, sie passen perfekt in die heutige Zeit. Ebenso wie die neue Wohnphilosophie Wabi-Sabi, die inperfekte Schönheit als perfekt zu erkennen. 

Ich bin nach Messebesuchen immer gespannt, was langfristig erhalten bleibt und bei uns zu Hause einzieht. Und ich freue mich jetzt schon auf den Salone del Mobile in Mailand im April – was ich dort entdecken werde und welche Trends gezeigt werden, das teile ich natürlich wieder hier mit euch. 

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