Mit Kerstin S. durch Norwegen: „Die Ruhe und die Weite begeistern mich immer wieder“

von Nicole

Nicht nur Kerstins Zuhause bezaubert uns, auch ihre Naturaufnahmen Norwegens haben bei mir eine Sehnsucht geweckt, mehr über dieses Land zu erfahren, das eine große Anziehung auf mich ausübt. Was läge da näher, als direkt bei Kerstin nachzufragen, was dieses Land so besonders macht, in welcher Jahreszeit Kerstin am liebsten dort ist und auf was sie im Nachhinein auch hätte gut verzichten können. Freut euch auf eine kleine Reise mit @Kerstin S. in das große Land im Norden!

  

Wunderschön: Eine Fjordtour mit einem Minibus rund um Tromsø.

  

Liebe Kerstin, was macht Norwegen für dich so besonders?
Es sind vor allem die hohen Berge und Gletscher, die tiefen Täler, Hunderte Fjorde, rauschende Wasserfälle und die schier unendlichen Schären und Inseln, die uns jedes Mal in den Bann ziehen. Und natürlich die Ruhe und die Weite des Landes – diese atemberaubend schönen und äußerst abwechslungsreichen Landschaftsformen, die uns immer wieder in den Norden Norwegens ziehen.

Wie leben denn die Norweger?
Die Norweger sind äußerst naturverbundene Menschen. Sie sind sehr sportlich, gehen wandern, Ski- und Kajakfahren, Campen oder Angeln. Viele haben eine eigene Hütte am Wasser oder in den Bergen.
Sie scheinen sich an den einfachen Dingen des Lebens zu erfreuen und entkoppeln sich von der so schnell und hektisch gewordenen Welt. Die Norweger machen einen sehr zufriedenen und ausgeglichenen Eindruck und sind auch den Touris gegenüber stets freundlich und hilfsbereit.
Eine UN-Studie besagt, dass es sich in puncto Lebensqualität am besten in Norwegen leben würde – gemessen am Pro-Kopf-Einkommen, Bildungsstand und an der Gesundheitsvorsorge. Das alles liegt natürlich auch daran, dass Norwegen durch sein Ölvorkommen ein reiches Land ist und gut für seine Bürger (vor-)sorgen kann.

  

Beeindruckend schön: Der Geirangerfjord.

   

Welche 5 Dinge müssen wir unbedingt erleben?

1. Besonders beeindruckend fand ich den Geirangerfjord vom Wasser aus. Dieser steht nicht umsonst auf der UNESCO-Liste des Weltnaturerbes.
Der mächtige und besonders schmale Fjord trumpft mit allen nur erdenklichen Schönheiten auf: rauschenden Wasserfällen, allen voran den „Sieben Schwestern“, und den in die steilen Hänge gebauten Gehöften.

Dachbegrünung in Norwegen. Die Sieben Schwestern sind sieben direkt nebeneinander in den Fjord stürzende Wasserfälle im Geirangerfjord in Norwegen.

     

2. Die Wanderung auf den Preikestolen fand ich auch klasse. 

Der Preikestolen, norwegisch für Kanzel oder wörtlich Predigtstuhl, ist eine natürliche Felsplattform in der norwegischen Provinz Rogaland.

  

Blick vom Preikestolen auf den Lysefjord.

  

3. Eine Fjordtour mit einem Minibus rund um Tromsø!

Freilaufende Rentiere und Fjorde rund um Tromsø.

   

4. + 5. Und allen voran natürlich die Polarlichter und die Wale.

Magische Momente: Das Nordlicht an der finnischen Grenze und Buckelwale vor Skjervøy.

     

Und was würdest du nicht noch mal machen?
Nicht noch einmal würde ich in Bergen in die Eisbar gehen. Das empfanden wir als Abzocke. Wenn man zuvor das kunstvoll errichtete Eishotel in Alta gesehen hat, überzeugt einen diese große Tiefkühltruhe mit stolzem Eintrittspreis nicht. Eine Sami-Farm würden wir vermutlich auch nicht mehr besuchen. Das ist zwar toll für Kinder – aber nach meinem Geschmack zu kommerziell aufgemacht. Die Rentierschlittenfahrt bestand aus einmal im Kreis fahren über Stock und Stein in einem eingezäunten Gehege!

Hast du bisher eine persönliche Lieblingsstadt für dich gefunden?
Sehr schnuckelig finde ich Bergen mit seinen kleinen Gässchen und zauberhaften, schiefen und bunten Holzhäusern am Hang mit Blick aufs Wasser. Das erinnert ein bisschen an Hänsel und Gretel. Allerdings gehört Bergen zu den regenreichsten Städten Europas.
Leckeren Kaffee gibt in Bergen bei Det Lille Kaffekompaniet, in Tromsø bei Riso oder Kaffebonna und in Trondheim bei Café Ni Muser und Café le Frère.
Fischliebhabern würde ich einen Besuch des überdachten Fischmarktes in Bergen empfehlen. Dort kann man die beliebten Königskrabben oder Lachsspezialitäten probieren.

  

  Das alte Handelszentrum Bryggen und die hübschen Altstadtgässchen in Bergen.

  

Kannst du uns einen Ausgangspunkt für eine erste Norwegen-Reise empfehlen?
Uns gefällt es landschaftlich besonders gut im hohen Norden, in und um Tromsø. Am liebsten im Winter, wenn alles verschneit ist. Tromsø liegt Luftlinie 1.150 Kilometer von Oslo und 344 Kilometer nördlich vom Polarkreis entfernt. Man nennt es auch das „Tor zur Arktis“.
Es ist ein gemütliches Städtchen, das sich hervorragend als Ausgangspunkt für Nordlichttouren, Walsafaris oder Hundeschlittenfahrten eignet.

   

Der Geirangerfjord ist einer der bekanntesten Fjorde Norwegens.

Türkisblaues Wasser rund um die Sommerinsel Sommarøy.

  

Gibt es ein typisches, norwegisches Essen?
Besondere, landestypische Spezialitäten sind Moltebeermarmelade und Geitost.
Die Moltebeere hat einen sehr eigenen, gewöhnungsbedürftigen Geschmack. Man kann sie kaum mit irgendeiner anderen Frucht vergleichen. Wir mögen sie sehr gerne und nehmen immer ein paar Gläser Marmelade mit nach Hause.
Am Geitost (ein leicht nach Karamell schmeckender Käse) scheiden sich die Geister. Fast alle Norweger lieben ihn (auch in Kombination mit Marmelade), aber viele Touristen verziehen angewidert das Gesicht. Jedoch sollte man ihn wenigstens mal probiert haben.
Ansonsten genießen wir in Norwegen gerne frischen Fisch und leckeres Zimtgebäck (Kanelboller).

  

  Der mächenhafte Åkrafjord bei Haugesund.

  

Was macht ausgerechnet den Winter zu deiner liebsten Reisezeit für Norwegen?
Norwegen ist zu jeder Zeit reizvoll. Der Sommer ist die beliebteste Reisezeit und somit auch die, welche die meisten Touristen anzieht. Im Sommer ist alles saftig grün und man kann wunderbar wandern.
Noch besser gefällt mir aber der Winter. Die Kombination aus schneebedeckten Bergen und dem Wasser ist atemberaubend. Außerdem kann man nur in den Wintermonaten (circa  Ende September bis Ende März) Polarlichter beobachten. Und auch Orcas und Buckelwale findet man nur zur kalten, dunklen Jahreszeit. Diese kommen mit den Heringsschwärmen circa Anfang November in die Fjorde. Mitte/Ende Januar, wenn sie sich richtig satt gefressen haben, ziehen sie dann wieder in wärmere Gewässer. In den letzten Jahren waren die Wale während der Saison immer vor Tromsø zu beobachten. Letztes Jahr allerdings nur ganz kurz, danach sind sie ein gutes Stück weiter nordöstlich Richtung Skjervøy gezogen – und wir mit ihnen (unter vollem Körpereinsatz bis zum Erbrechen).
Die Polarlichter (Nordlichter auf der Nordhalbkugel; wissenschaftlich Aurora borealis) treten hauptsächlich in Polarregionen auf. Die Häufigkeit und Stärke der Polarlichter hängt von der Sonnenaktivität ab. Man kann sie nur bei Dunkelheit und (zumindest teilweise) wolkenfreiem Himmel entdecken – am besten ohne störendes Fehllicht weit weg von der Stadt. Da das Wetter in Norwegen oft wahnsinnig schnell umschlägt, sollte man sehr flexibel sein. Wir haben stets Minibustouren gebucht. Da ist man in kleinen Gruppen unterwegs und muss – je nach Wetterlage – oft erst einmal ein paar Stunden Richtung Finnland fahren, bis der Himmel aufreißt. Es kann also durchaus sein, dass man erst zwischen 3 und 4 Uhr nachts ins Bett kommt.
Man darf sich die Nordlichter allerdings nicht so kräftig vorstellen, wie sie auf den Fotos zu sehen sind. Die Kameras können durch ihre Sensoren und lange Belichtungszeiten die Lichter viel intensiver einfangen als das menschliche Auge.

Eine interessante Erfahrung war es auch, die Polarnacht zu erleben. Wir waren letztes Jahr zum Jahreswechsel dort. Alle Häuser waren zauberhaft weihnachtlich beleuchtet und es herrschte täglich eine zweistündige Dämmerstimmung, die alles in ein einzigartiges, weiches Licht tauchte.

   

   

Wie hast du das Wetter empfunden?
In einem Land mit einer derartig großen Ausdehnung gibt es naturgemäß große klimatische Unterschiede bezüglich Sonnenstrahlung und Temperatur. Während zur Wintersonnenwende am 21./22.12. in Oslo noch sechs Stunden Tageslicht herrscht, geht die Sonne nördlich des Polarkreises gar nicht mehr auf.
Norwegen profitiert von einer Warmwasserheizung – dem Golfstrom, der dafür sorgt, dass die Meeresoberflächentemperatur entlang der Küste im Winter nicht unter 5 Grad absinkt und so die Häfen bis über den Polarkreis hinaus eisfrei bleiben. Im Winter können die Temperaturunterschiede enorm sein: Während feuchtwarme Luftmassen an der Küste selbst im Januar noch über dem Gefrierpunkt liegen, wird es in einigen Bergregionen und Plateaus extrem kalt, durchaus auch mal –40 Grad.

Auch bei unserer Sommerreise schwankten die Temperaturen sehr: In Trondheim herrscht sehr mildes Klima. Da konnte man es bei 20 Grad gut im T-Shirt aushalten, während wir auf manchen Berggipfeln Schneegestöber hatten und uns warm einpacken mussten.

In Tromsø lagen die Temperaturen aufgrund der Lage am Wasser im Herbst, Winter und Frühling um den Gefrierpunkt oder etwas darunter. Das war gut auszuhalten.
Sehr frostig wurde es allerdings immer bei unseren Nordlichttouren. Da sind wir meist Richtung Finnland gefahren, wo es zwar einen klaren Himmel, aber auch –10 bis –20 Grad gab. Wenn man da bei eisigem Wind mehrere Stunden ausharren muss, ist man trotz warmer Funktionskleidung, Thermoplast und Tee sehr schnell durchgefroren. Aber der Anblick der Nordlichter entschädigt.

  

   

Ihr habt Norwegen mit dem Kreuzfahrtschiff kennengelernt. Wie war das?
Das Land hat so viel zu bestaunen, dass man sich dort monatelang aufhalten könnte – ein Grund, warum wir dieses Land so lange nicht angegangen sind.
Da wir maximal zwei Wochen am Stück weg können und mit Kind reisen, haben wir uns zum „Kennenlernen“ des Landes erstmals an eine 10-tägige Kreuzfahrt „Norwegens Fjorde im Sommer“ (mit nördlichstem Punkt Trondheim) gewagt.
Kreuzfahrten sind eigentlich gar nicht unser Ding. Dennoch haben wir uns dazu entschlossen, da man dabei in relativ kurzer Zeit sehr viel sehen kann und diese Art des Reisens gerade mit Kind sehr entspannt ist.
Man kann die Fahrtzeiten einfach genießen oder aktiv nutzen und muss nicht täglich unzählige Stunden im Auto verbringen. Mit diesem kommt man in Norwegen ja nur sehr langsam voran. Auf tägliches Kofferpacken, tägliche Hotelwechsel, Restaurantsuchen sowie Wartezeiten an den Fähren hatten wir keine Lust. Wir hatten anfangs große Vorbehalte gegenüber einer Kreuzfahrt – aber zu unserer Überraschung hat es uns so gut gefallen, dass wir direkt im Anschluss die zweite Reise „Winter im hohen Norden“ (mit nördlichstem Punkt Alta) über Ostern gebucht hatten. Beide Touren starteten von Hamburg aus. Bis auf den Ansturm in den Restaurants und die Kaffeequalität gab es nicht viel auszusetzen. Damit konnten wir uns arrangieren. Vom Animationsprogramm haben wir uns einfach ferngehalten, das muss man ja nicht nutzen. Die Liegezeiten waren lange genug, um die Gegend erkunden zu können, was bei den meist nur sehr kurzen Stopps der Hurtigruten-Schiffe oft nicht möglich ist. Neben den Kreuzfahrten haben wir noch zwei Tromsø-Reisen auf eigene Faust unternommen.

   

  Ausblick vom Berg Sukkertoppen, der Zuckerhut, auf Ålesund und und die vorgelagerten Inseln.

  

Ist dir in Norwegen noch etwas Besonderes aufgefallen?
Ja, dass dort die Gleichberechtigung ein ganzes Stück weiter ist als bei uns Deutschen. Viel mehr Frauen sind berufstätig, eine Frauenquote ist in Führungspositionen gesetzlich vorgeschrieben, und in der U-Bahn schieben genauso viele Männer wie Frauen die Kinderwagen. Auch sonst besteht kaum eine Hierarchie in der norwegischen Gesellschaft. Eine Reiseführerin behauptete, dass in Norwegen alle nahezu gleich verdienen würden, weshalb der Banker auch mal seinen Job an den Nagel hängt, um künftig als Busfahrer zu arbeiten.

Und für den ein oder anderen vielleicht auch interessant: Alkohol ist extrem teuer, wird nur bis 20 Uhr verkauft, samstags sogar nur bis 18 Uhr. Hochprozentiges gibt es nur in speziellen Läden, genannt Vinmonopolet.

Zudem gibt es in Norwegen schon viele Elektroautos. Diese werden staatlich stark gefördert (Steuerfreiheit, günstiger Strom, Erlaubnis zum Mitbenutzen der Busspuren).

Aufgefallen ist mir noch, dass die Norweger alle gut Englisch sprechen. Was daran liegt, dass Norwegen nur etwa 5,3 Millionen Einwohner hat, die auch noch zwei leicht voneinander verschiedene Sprachen sprechen und es sich für die Filmhersteller nicht lohnt, entsprechende Synchronisationen der Hollywoodfilme anzufertigen. Stattdessen werden diese nur mit Untertiteln in der Originalsprache gezeigt – jedes Kind lernt so automatisch Englisch.

   

Liebe Kerstin, vielen Dank für deinen wunderschönen Reisebericht! Die Sehnsucht auf Norwegen ist bei mir definitiv noch größer geworden ... 

Hier geht es zu  Kerstins Homestory und zu ihrem Profil.

Wie Mitglied @AngieRed das Polarlicht erlebt hat, könnt ihr in diesem wunderbaren Reisebericht „Eine Reise zum Polarlicht“ nachlesen.


Wart ihr auch schon mal in Norwegen? Was gefällt euch besonders gut und habt ihr Empfehlungen, die ihr mit uns teilen möchtet?


Kommentare (24)

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