„Unsere Wohnung hat uns erzählt, wie sie werden will.“ – Zu Besuch bei TIM LABENDA in Berlin

von Sebastian

Das große Wohn- und Esszimmer in der 85 qm großen Zweizimmerwohnung. Seinen Wohnstil würde Tim als chic, luftig und wohnlich bezeichnen.

„Ich bin ein großer Fan davon, Räumen erstmal zuzuhören, bevor man ihnen etwas überstülpt“, meint Tim (34) aka @TIM LABENDA . Mit welchem Feinsinn der Designer seiner lichtdurchfluteten Altbauwohnung in Berlin-Neukölln zugehört hat, beweisen heute die mit Bedacht und Sammlergeist kuratierten Räumlichkeiten, die er mit seinem Freund Hannes und Pudel Putin bewohnt. In der Eigentumswohnung treffen Einzel- und Vintage-Stücke auf Zeitgenössisches, Japanisches trifft auf Dänisches, 1912 auf 2020.

Ein Gespräch über berufliche Umorientierung, Trash-TV, Renovierung in Eigenregie, verhasste Unordnung und die Frage, was Tiefkühlpommes damit zu tun haben.

Bei Tim vergeht kein Tag, ohne mit Hund Putin zu kuscheln (Porträt: Sonja Müller). Hannes würde ihn als loyalen, sensiblen und zurückhaltenden Partner, mit dem man Pferde stehlen kann, beschreiben. „Ich kann aber auch sehr pedantisch sein und habe einen eigenen Kopf – gerade wenn es um Gestaltung geht“, sagt Tim.

Lieber Tim, was bedeutet dir dein Zuhause?

Alles – ich liebe es! Es ist für mich der wichtigste Ort auf der Welt. Dort warten Hannes und der Pudel auf mich. Es ist immer wohlig und einladend. Ich liebe die Ruhe, die Gelassenheit und die Selbstverständlichkeit, die dieser Ort mit sich bringt.

Du hast lange als Creative Consultant für Missoni in Mailand gearbeitet und nun kürzlich deine Leidenschaft zum Beruf gemacht …

Ja, ich habe mich meiner Interior-Leidenschaft vollends hingegeben und arbeite nun als Interior Designer, Berater und Decorator.

Was hat dich dazu bewogen?

Ich brauchte einen Wechsel in meinem beruflichen Leben und wollte weniger pendeln. Ich habe schon während meiner Zeit bei Missoni verschiedene Interior-Projekte betreut: sei es Wandteller für KPM oder eine Minikollektion für Westwing. Mein Aushängeschild ist mein Instagram-Kanal.

Um den runden Esstisch gesellen sich die Bugholzstühle 209 und 214 von Thonet. Den Flag Halyard Chair rechts im Bild, die Bocci-73.8-Leuchte über dem Esstisch sowie den Mid-Century-Vintage-Schreibtisch (ein Glückskauf für 25 €) würde Tim im Falle eines Brands retten.

Ihr habt Anfang letzten Jahres eure Wohnung gekauft und im Schnelldurchlauf renoviert. Seit September wohnt ihr nun hier. Auf was seid ihr besonders stolz?

Auf unsere kleine Jugendstiloase, die wir uns geschaffen haben. Da das Haus von 1912 ist, haben wir während der Renovierung viel Wert darauf gelegt, die Wohnung so gut es geht in den Originalzustand zurückzuversetzen.

Was war das zum Beispiel?

Die alten Jugendstiltüren mit Messingbeschlägen, das Originalparkett, der Dielenboden, der Stuck und die alten Flügelfenster … um nur ein paar Details zu nennen.

Der Wandteppich von Loewe Casa über dem Sofa ist ein realistischer Foto-Jacquard mit einem Kampagnenbild von Loewe, das von Steven Meisel fotografiert und in Graustufen gewebt wurde. Durch die Feinheit des Jacquards und die lange Laufzeit beim Weben entstand eine fast fotorealistische Darstellung als Textil. (Sofa und Wohnzimmertisch von B&B Italia)

Tims Lieblingseinrichtungsgegenstand ist der Flag Halyard Chair von Hans J. Wegner für PP Møbler, den er sich zum Einzug selbst geschenkt hat. Schon als Teenager hatte er sich in diesen Stuhl verliebt und nun – knapp 20 Jahre später – endlich geleistet.

Worauf legst du bei der Gestaltung deines Zuhauses Wert?

Dass es einladend ist. Unsere Familien und Freunde sollen sich direkt zu Hause fühlen. Unser Zuhause ist so selbstverständlich und bodenständig, wie wir es sind.

Gucci trifft Gubi: Die Wandtapete ist von Gucci Décor. Eingerahmt wird sie von den Gubi-Hängeleuchten Satellite. Das Betthaupt ist von Matri Fennobed.

„Unser Zuhause ist so selbstverständlich und bodenständig, wie wir es sind.“

Die USM-Garderobe vor der grünen Wand befindet sich links vom Bett. Die USM-Kommode in Beige hat Tim für die neue Wohnung umblechen lassen. Zuvor war sie schwarz.

Mit der Küche wollten Tim und Hannes den Vibe eines japanischen Teehauses aufgreifen. Deshalb haben sie sich für die dunklen Fronten von Reform entschieden. Das Frame-Design wurde erst kurz zuvor gelauncht.

Tim mag am liebsten natürliche Farben und Materialien. Bei Letzteren setzt er auf Klassiker wie Terrazzo, Marmor sowie Holz in allen Facetten.

Was würdest du uns denn in deiner Küche zubereiten?

Wenn ich kochen würde, gäbe es wahrscheinlich Tiefkühlpommes und -pizza. Ich hasse Unordnung. Daher hasse ich auch Kochen – das geht einfach nicht ohne Unordnung. Das Kochen würde ich Hannes überlassen.

Auf was kommt es bei Farben, Mustern und Materialien für dich an?

Wie und wo man sie einsetzt. Ich bin großer Fan davon, Räumen erst mal zuzuhören, bevor man ihnen etwas überstülpt. So war es auch mit unserer Wohnung. Sie hat uns im Grunde erzählt, wie sie werden will.

Bleiglasfenster in der Tür zum Schlafzimmer

Was hat sie euch erzählt?

Ich verbringe am liebsten erst mal ein wenig Zeit in den Räumlichkeiten, um sie mit allen Sinnen zu erfassen. Wenn ich an all die Jugendstildetails, die bunten Bleiglasfenster in den Türen, die vielen Blumenmuster im Stuck oder in den Türverzierungen in unserer Wohnung denke, war doch schnell klar, wohin die Reise gehen sollte. Ich liebe es, wenn Räume natürlich aussehen.

Gab es trotzdem schon einmal einen Fehlkauf?

Ich wollte unbedingt mal so industrielle Schubfächerschränke aus Metall haben. Als ich sie dann endlich auf dem Flohmarkt ergattert hatte, hab ich gemerkt, dass sie zu sehr eine bestimmte Einrichtung vorgeben und auch einfach unfassbar laut in der Benutzung sind. Sie sind nach zwei Wochen wieder aus der Wohnung geflogen.

Ganz oben auf deinem Interior-Wunschzettel steht:

Pierre-Jeanneret-Stühle und ein Camaleonda-Sofa von Mario Bellini.

Hast du noch andere Leidenschaften neben dem Einrichten?

Ich liebe Kunst in jeder Form – sei es Malerei, Zeichnungen oder Skulpturen. Für gutes Essen, Musik und Filme ist Hannes zuständig. Und wir beide teilen dann noch die Leidenschaft für Mode.

Drei Dinge, die wir noch nicht über dich wissen:

1. Ich komme ursprünglich aus dem Ruhrgebiet.
2. Unser Hund heißt Putin, weil sich der echte Putin in der Vergangenheit oft mit Pudeln fotografieren ließ.
3. Ich liebe Trash-TV.

Welche Sendung magst du besonders?

Mein absoluter Favorit ist das „Dschungelcamp“.

Warme Töne: das Waschbecken Miena von Kaldewei, das Sideboard im Flur von Montana

Wie sähe dein Traumzuhause aus?

Ich hätte so gerne einen Glasbungalow im Gespensterwald an der Baltischen See – direkt an der Klippe mit Blick aufs Meer, den Strand und den Wald. Es ist ein so besonderer Ort.

Und wohin reist du gerne?

Überallhin, aber am liebsten nach Italien – besonders in die Toskana, nach Florenz, Mailand oder Venedig. Da fühle ich mich neben Deutschland am meisten zu Hause.

Welche Frage hätten wir dir noch unbedingt stellen sollen?

Wie lange es dauert, eine bezahlbare Wohnung in Berlin zu finden!

Und? Wie lange hat es gedauert?

Zwei Jahre. Ich kann jedem nur raten, die Alarmfunktion bei ImmobilienScout einzustellen und geduldig zu sein.

Lieber Tim, vielen Dank für das schöne und spannende Interview!

Um in Zukunft kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @TIM LABENDA hier folgen.

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