„Für mich muss alles in der Waage sein.“ – Zu Besuch bei ammenmaerchen in Düsseldorf

von Sebastian

„Ich liebe es, mit nackten Füßen über den Dielenboden zu laufen“, schwärmt Anne (32) aka @ammenmaerchen über ihre Wohnung mit offenem Gemäuer, freigelegten Balken und reichlich Charme. Die Art-Direktorin, Foodstylistin und Illustratorin lebt hier mit ihrem Mann Jens mitten in Düsseldorf auf 85 qm.

Mit selten ruhigem Geist und einem Kopf voller Ideen plant Anne in Gedanken unentwegt Neues, legt Beete in ihrem Schrebergarten Nyponhus an oder räumt das Wohnzimmer um. Im Interview erzählt uns Anne, von welchen Trends sie sich zu lösen versucht und wie sich für sie Persönlichkeit in ein Zuhause bringen lässt. Hereinspaziert!

„Ich habe in den letzten Jahren versucht, mich von allen Trends wie Marmor, Terrazzo, Kork oder Messing zu lösen.“

Liebe Anne, erzähl uns doch bitte ein bisschen über euer Haus.

Das Haus wurde 1890 erbaut und vor circa zehn Jahren saniert. Der Besitzer ist Architekt und hat sehr viel Liebe zum Detail bewiesen: Er hat Wände und Balken freigelegt und ausschließlich mit Naturmaterialien renoviert. Im Erdgeschoss unseres Hauses haben Jens und ich mit einem Freund ein eigenes Designbüro. Dort befindet sich auch unser geliebter Innenhof, in dem wir im Sommer Hofpartys feiern, gemeinsam grillen oder gemütlich in der Hollywoodschaukel lesen.

Büro im Haus

Worauf legst du bei der Gestaltung deines Zuhauses Wert?

Für mich muss alles in der Waage sein: nicht so viel, nicht zu wenig. Nicht zu clean, nicht zu bunt. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Persönlichkeit entsteht für mich aus dem Gleichgewicht von gefundenen oder geerbten alten Schätzen, selbst gemachten Möbeln und modernem, hochwertigem Design. Ich bin kein großer Fan von übermäßigem Konsum und denke lange nach, bevor ich mir etwas kaufe. Den mit Bedacht gewählten Einrichtungsgegenständen bin ich sehr lange treu und brauche kein ständiges Umdekorieren.

Vor elf Jahren ist Anne zum Studium nach Düsseldorf gezogen, wo sie sich in die Stadt und die Menschen verliebt hat und einfach geblieben ist.

Dein größter Glückskauf?

Bei einer Haushaltsauflösung habe ich ein Eiermann-Tischgestell für zehn Euro erstanden, weil der Besitzer nicht wusste, dass es sich um einen Designklassiker handelt. Dieses steht nun als Küchentisch in unserem Büro! Auf einem Flohmarkt haben wir einen alten Thonet-Bugholzstuhl mit Wiener Geflecht für 25 Euro entdeckt. Auch ein absoluter Glücksgriff! Wir haben ihn neu bespannen lassen und Jens hat das Holz geschliffen, bis es butterweich war. Wir lieben ihn sehr!

„Ich bin kein großer Fan von übermäßigem Konsum.“

Esstisch Fjord IV
Esstisch Fjord IV
419,99

Hast du einen Lieblingseinrichtungsgegenstand?

Ich liebe ganz besonders unsere Kaffeeecke. Ich liebe die Optik der Maschine auf der alten Werkbank in Kombination mit unserer selbst gebauten Leuchte. Die Kaffeemaschine haben wir uns vor Jahren gegenseitig zum Geburtstag geschenkt und lange überlegt, ob wir sie uns gönnen. Sie ist somit für mich der Inbegriff von Luxus und Entschleunigung im Alltag. Am frühen Abend gemeinsam Kaffee zu trinken und sich über den Tag auszutauschen, ist für uns ein festes Ritual geworden.

Was bedeutet es dir, nach Hause zu kommen?

Vollkommene Geborgenheit. Wir nennen unsere Wohnung „das Nest“.

Dein Wohnstil in drei Worten:

Hell, persönlich, ausgewogen.

Wenn wir dich besuchen kommen: Was würdest du uns kochen?

Ich bin ein Fan von vielen Kleinigkeiten in der Mitte eines Tisches – jeder kann sich bedienen. Das ist so schön gesellig! Dann gibt es frisches Brot, Hummus, Chutney, Käse, Oliven, gegrilltes Gemüse und vieles mehr. Und natürlich einen klimpernden Eiswürfeldrink.

Drei Dinge, die wir noch nicht über dich wissen:

1. Ich hasse Kaugummi und finde es furchtbar, wenn jemand in meiner Nähe Kaugummi kaut.
2. Wenn ich etwas Süßes esse (zum Beispiel ein Stück Kuchen oder Milchreis), brauche ich danach etwas Herzhaftes (am liebsten ein Stück Käse).
3. Als Kind war Musik sehr wichtig für mich. Ich habe mit vier Jahren Violine und mit acht Jahren Gitarre gelernt. Mit zehn habe ich angefangen, eigene Lieder zu schreiben und diese mit meiner Schwester auf Stadtfesten gespielt. In meiner Pubertät habe ich mich dann immer mehr für Design, Fotografie und Illustration interessiert und darin ein neues Ventil für meine Kreativität gefunden.

Bei Anne vergeht kein Tag ohne den morgendlichen Kaffee im Bett, bei dem sie über den Tag nachdenkt und sich in Ruhe sortiert.

Welche Muster, Farben und Materialien magst du persönlich besonders?

Ich mag zeitloses Design und habe in den letzten Jahren versucht, mich von allen Trends wie Marmor, Terrazzo, Kork oder Messing zu lösen. Man wird so sehr übersättigt, dass man die Trendmaterialien schnell nicht mehr sehen kann. Ich persönlich ziehe immer Naturmaterialien vor. Ich bin ein Fan von Farben. Ich liebe auch Naturtöne, aber kann den Look langsam nicht mehr sehen: Beige, helles Holz, Gräser und Wiener Geflecht in jeder zweiten Wohnung. Dabei gibt es doch so viele wunderschöne Farben! Ich persönlich kann besonders bei Rosa selten Nein sagen. Ich finde das Zusammenspiel von gedeckten und knalligen Farben großartig!

Viele Möbel sind bei Anne aus Holz. Das Sofa hat einen Bezug aus Schurwolle. Anne liebt außerdem ihren Wollteppich aus Marrakesch und die Lammwolldecke aus Schweden.

Welche drei Einrichtungsgegenstände würdest du aus deinem Zuhause retten, wenn es brennen würde?

Ich glaube, das allerwichtigste Möbelstück für mich ist unser Küchentisch – ein Erbstück (ein ehemaliger Schlachttisch) meines Uropas. Ansonsten würde ich unsere selbst gebauten Leuchten retten und die Lautsprecher, die mein Papa gefertigt hat.

„Da stehen meine neuen Rattansessel und passen so, so gut ins Balkonzimmer! Hier dürfen sie nun überwintern, bis sie im Frühjahr in unseren Wintergarten am Gartenhaus ziehen dürfen. Lange haben wir überlegt, welches das passende Möbelstück für unser Balkonzimmer ist. Ich bin ein riesiger Fan von Daybeds, die im Gegensatz zu Sofas so viel luftiger und mobiler aussehen. Außerdem sind sie ruck, zuck für Schlafgäste bezogen.“

Stauraum im Balkonzimmer und auch im Flur wird jeder Platz genutzt.

Ganz oben auf deinem Interior-Wunschzettel steht:

Der Vitra Slow Chair (in Rosa). Schon lange. Und dabei habe ich gar keinen perfekten Platz für ihn. Aber ich liebe ihn sehr!

„Bei jedem Gang in den Keller meiner Großeltern blieb mein Blick an der alten Anrichte hängen. Zehn Jahre und zwei Umzüge später ist die Liebe zu dem Möbelstück, welches mich so sehr an die duftende Kellerküche meiner Omi erinnert, mit jeder Geschichte, die es erlebt hat, gewachsen. Wir können uns den farbenfrohen Klecks aus unserer Küche gar nicht mehr wegdenken!“

Was hast du in deinem Zuhause alles selbst gemacht?

Als wir während unseres Studiums noch ein sehr knappes Budget hatten, haben wir viele Interior-Lösungen für Problemsituationen selbst umgesetzt. Wir haben einige Leuchten selbst gebaut, wie zum Beispiel die Kranleuchte im Wohnzimmer, die Holzleuchte über unserer Küchenzeile und die Rohrleuchte über der Kaffeemaschine. Auch unser offener Kleiderschrank – eine Kombination aus Sideboard und Kleiderstangenkonstruktion aus Sanitärrohr – ist noch für unsere erste gemeinsame Wohnung von uns konzipiert worden.

Generell hat Jens eine Schwäche dafür, alte Möbel, Lampen oder Messer zu kaufen und wieder aufzuarbeiten. Beide mögen das Zusammenspiel von selbst gemachten Gegenständen, alten Fundstücken und modernem Design.

In welchen Merkmalen deines Zuhauses erkennst du dich am deutlichsten wieder?

In unserem langen, langen Esstisch! Als wir die Wohnung das erste Mal betreten und das große Esszimmer gesehen hatten, wussten wir: DAS ist eine Anne-&-Jens-Wohnung! Wir lieben es, Menschen um uns herum zu haben, und ich habe immer von einem langen Tisch geträumt. So war es ein wunderschöner Zufall, dass der alte Tisch, den unsere Vermieter in der Wohnung gelassen hatten, ähnliche Maße hat wie unser Küchentisch. Wir lackierten die Beine ebenfalls weiß und er bildet seither die perfekte Ergänzung zu unserem Erbstück.

Mit welchen Charaktereigenschaften würdest du dich selbst beschreiben?

Mein Geist ist selten ruhig, mein Kopf ist voller Ideen, in denen ich manchmal versinke. Selbst wenn ich ruhig sitze und nicht danach aussehe, plane ich in Gedanken zukünftige Küchen zukünftiger Wohnungen, lege Beete in unserem Schrebergarten an oder räume unser Wohnzimmer um. Ich bin gesellig, erzähle gerne und habe am liebsten die ganze Wohnung voller geliebter Menschen – Gastgeberin war ich schon als Kind unglaublich gerne!
Ich lache viel und laut und bin gerne ausgelassen, ich genieße Momente in vollen Zügen. Immer! Ich bin schwer aus der Ruhe zu bringen, bin eine absolute Optimistin, mag es aber gerne strukturiert und durchgeplant. Ich koche, reise, lese und spaziere gerne. Ich liebe die Oper und Konzerte, höre fast immer Musik, aber nie Radio.

Welche großen Wünsche würdest du dir erfüllen, wenn Geld keine Rolle spielen würde, und wie sähe dein Traumzuhause aus?

Wenn Geld keine Rolle spielen würde, würde ich genau so leben, wie wir es nun tun. Aber vielleicht hätten wir dann ein bis zwei Orte zum „Ausbrechen“ für die Wochenenden: eine kleine Wohnung an einer Gracht in Amsterdam (einer unserer absoluten Lieblingsstädte) oder ein kleines Backsteinhaus mit Bauerngarten und Blick auf eine Wiese zum Abschalten. Auf jeden Fall würden wir viel reisen und die Welt kennenlernen.

Hast du noch andere Leidenschaften neben dem Einrichten?

Seit einem Jahr sind wir Besitzer eines Schrebergartens unweit unserer Wohnung. Dort können wir unserer Handwerkerleidenschaft frönen, bauen unser eigenes Gemüse an und verbringen dort unsere freie Zeit mit unseren Freunden. Auch wenn es noch viel Arbeit ist, bis sich unser Nyponhus (so nennen wir das Gärtchen – Nypon = schwedisch für Hagebutte) in ein skandinavisches Sommerhaus verwandelt, genießen wir die Zeit dort schon jetzt so sehr! Die körperliche Arbeit ist für uns der perfekte Ausgleich zu unseren Schreibtischjobs.

In Porto und Marrakesch: „Wir lieben es, von Café zu Café zu schlendern und uns einfach von der Stadt treiben zu lassen.“

Wie und wohin reist du gerne?

Wir lieben Städtetouren nach Lissabon, Paris, Kopenhagen oder Marrakesch und verbringen dort gerne verlängerte Wochenenden. Da wir gerne in ausländischen Supermärkten stöbern und auch im Urlaub nicht auf unser Frühstück im Bett verzichten möchten, wohnen wir am liebsten in Airbnb-Wohnungen, in denen wir auch kochen können. In jedem Jahr versuchen wir neben den Kurztrips auch eine große Reise zu realisieren, in der wir drei Wochen von Ort zu Ort reisen (immer mit einem kleinen Handgepäckkoffer). Wir haben auf diese Weise Bali, Malaysia, Thailand und Laos kennengelernt und haben noch so viele Orte auf unserer Wunschliste.

Liebe Anne, vielen Dank für das schöne und spannende Interview!

Um in Zukunft kein Bild mehr zu verpassen, könnt ihr @ammenmaerchen hier folgen.

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